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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0035

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Einleitung

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sächlich durch praktischen Umgang in höfischem Umfeld wie auch Rezeption
chevelaresker Epen, Ethiktraktate, Verhaltenslehrbücher und ähnlichem.' ' Eine
weitere Scheidung von »Zeremoniell« und »Etikette« ist im Bereich der Herr-
schertreffen nicht zielführend. ^
Demgegenüber weist die moderne Bedeutung des Begriffs »Protokoll« im
Sinne des Staatsprotokolls darauf hin, dass die Bewegungen und Handlungen
der Monarchen im Raum neben repräsentativen Funktionen auch anderen
Maßgaben folgten. Dazu gehört bei der Einhaltung paritätischer Ausstattung
mit Begleitern, Insignien und Waffen auch eine vorher vereinbarte Choreogra-
phie, deren Schrittfolgen, Treffpunkte, Sitzgelegenheiten auch den Sicherheits-
aspekten Rechnung tragen. Besonders wenn es sich bei der Begegnung von zwei
Herrschaftsträgern um einen Akt von Relevanz für die gesamten betreffenden
Gemeinwesen handelte, also die Beachtung der Amts- und Ranghierarchien
von besonderer Bedeutung waren, kam der Inszenierung eher offizieller denn
feierlicher Charakter zu, der mit dem Begriff »Protokoll« besser zu umreißen
ist. So sind in zeitgenössischen deutschsprachigen Werken zum Staatszeremo-
niell der Begriff Protokoll als eher im »offiziellen« gesellschaftlichen Umgang,
der Begriff Zeremoniell eher im »feierlichen« Umgang anzuwenden. '

»Königtum« und »Außenpolitik«
Die Verfassungseinrichtung des Königtums, die die europäischen Großräume
über Jahrhunderte hinweg ordnete, wurde von mittelalterlichen Zeitgenossen
als Selbstverständlichkeit hingenommen.Der Gedanke einer monarchischen
Spitze durchdrang alle Ebenen gesellschaftlichen Handelns und wurde von
genossenschaftlichen Auffassungen politischer Ordnung eher begrenzt als in
Frage gestellt. Der Gedanke des Strebens nach Einheit entsprang als »kosmi-
sches Prinzip« einer hierarchischen, durchaus organologisch gedachten Welt-
vorstellung. ' Auch vermeintliche Krisen des Königtums im Spätmittelalter
vermochten nicht den Bestand der fünfzehn dynastisch regierten Königreiche

93 HEtNiG, Verhaitensformen und zeremonielle Aspekte des deutschen Herrscherhofes am Aus-
gang des Mittelalters, S. 63-82; Spmss, Rangdenken und Rangstreit im Mittelalter, S. 39-62.
94 STAGL, Ritual. Zeremoniell. Etikette, S. 14, sieht das Zeremoniell als Zwischenglied zwischen
Ritual und Etikette. Dagegen trennt HoFMANN-RANDALL, Die Herkunft und Tradierung des
Burgundischen Hofzeremoniells, S. 150, Hofzeremoniell und Hofetikette für das Spätmittel-
alterliche Burgund streng von einander ab: »Die überlieferten Verhaltensnormen, nach denen
sich alle Personen zu richten hatten, die sich am Hof eines Fürsten aufhielten, sind als Hof-
etikette zu bezeichnen. Von der Hofetikette streng zu trennen ist das Hofzeremoniell, das
unter anderem auch die Etikette umfasst. Zum Hofzeremoniell gehört die gesamte Repräsen-
tation des Hofes.«
95 URSCHiTz, Protokoll mit Zeremoniell und Etikette, S. 15-19 trennt für die Moderne Protokoll
als eher im »offiziellen« gesellschaftlichen Umgang von Zeremoniell als eher im »feierlichen«
Umgang; dazu HARTMANN, Staatszeremoniell, S. 73-75.
96 ScHULZE, Art. »Monarchie« in: Historische Grundbegriffe Bd. 4, S. 141-168, hier S. 166.
97 ULLMANN, Schranken der Königsgewalt im Mittelalter, S. 4; hE GoFF, Head or Heart?; STRuvE,
Entwicklung der organologischen Staatsauffassung im Mittelalter.
 
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