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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0129

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1.3. Vertragsschlüsse und Eide unter Königen
Hatte man bei Herrschertreffen in den Verhandlungen eine gemeinsame in-
haltliche Position gefunden, so bediente man sich unterschiedlicher Instru-
mentarien, jenem Konsens Glaubwürdigkeit und Dauer zu verleihen. Hierzu
gehören vor allem die Besiegelung von Vertragsurkunden und die Leistung
von Eiden, was im Folgenden genauer untersucht werden soll. Als Fallbei-
spiel dient der viermonatige Aufenthalt König Sigismunds von Luxemburg bei
König Heinrich V. in England, der am 15. August 1416 mit dem Vertrag von
Canterbury seinen Abschluss fand.' Dabei besticht der Vertragsschluss nicht
durch besondere zeremonielle Gestaltung. Dies ist bei den gesondert zu be-
handelnden Friedensschlüssen wesentlich ausgeprägter.* Viel eher führt die
Nüchternheit, mit der das deutsch-englische Bündnis abgeschlossen wurde,
das Scheitern von Sigismunds angestrebter Friedensmission vor Augen. Statt
zu einem feierlichen Treffen für einen englisch-französischen Friedensschluss,
den Sigismund vermitteln sollte und zu dem bereits im Juli 1416 Gesandte ei-
nen geeigneten Ort aushandeln sollten, kam es im August zu jenem deutsch-
englischen Bündnis/ Die Gestaltung dieses Vertragsschlusses in Canterbury
stand im Gegensatz zur aufwendigen Art und Weise, wie Sigismund zunächst
empfangen und behandelt wurde. Da bezüglich der politikgeschichtlichen Ent-
wicklungen auf ertragreiche Forschung zurückgegriffen werden kann, stehen
bei dieser Darstellung des Englandaufenthaltes Sigismunds bis zum Vertrag
von Canterbury die symbolischen Handlungen und politischen Zeichenset-
zungen im Vordergrund.

1.3.1. Die diplomatische Reise König Sigismunds nach England
und der Vertrag von Canterbury im Jahre 1416
Verschiedene Faktoren waren für die diplomatische Reise Sigismunds nach
Westeuropa im Jahre 1416 ausschlaggebend. Zum Schutze seines Königreiches
im Osten Europas vor den Türken bemühte er sich um ein gemeinsames Vorge-
hen der Fürsten und Monarchen im Abendland. Als Zwischenschritt schien die
Lösung des seit Jahrzehnten andauernden großen abendländischen Kirchen-
schismas notwendig, um die Kräfte für die Türkenabwehr bündeln zu können.
Gerade aber der fortdauernde Konflikt zwischen England und Frankreich, der
Hundertjährige Krieg, erschwerte eine Vereinigung der europäischen König-
reiche. Zudem teilte die Kirchenspaltung Europa in entgegengesetzte Lager.
Sigismund setzte sich mit großem Engagement für eine Einigung auf dem
konziliaren Wege ein und schuf damit die Voraussetzungen für das Zustande-

1 Zu Sigismunds Westreise: R 184 - R187; ScuoENSTEDT, Siegmund und die Westmächte, S. 149-
164; KiNTztNGER, Westbindungen, S. 9-12, 96-106; REiTEMEiER, Außenpolitik, S. 264-267.
2 Vgl. dazu unten Kap. 1.7. S. 257-295..
3 Zum geplanten Treffen zwischen Heinrich V. und Karl VI., vgl. Eberhard Windeckes Denk-
würdigkeiten, ed. Altmann, Kap. 77a, S. 67f.; dazu: GiERTu, Vermittlungsversuche Kaiser Si-
gismunds, S. 33.
 
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