126
Teil 1: Spätmittelalterliche Herrschertreffen
kommen des Konstanzer Konzils (1414-1417). Seine Vorgehensweise verband
beide Konfliktfelder, waren sie doch ohnehin eng miteinander verwoben. Ein
Verhandlungserfolg zwischen den Parteien zu beiden Seiten des Kanals hätte
Abhängigkeiten aus einem Gefühl der Verpflichtung in derselben Weise nach
sich gezogen, wie das Durchsetzen eines im Abendland allgemein anerkannten
Papstes/ So ist Sigismunds gleichzeitiges vehementes Eintreten für das und
auf dem Konstanzer Konzil wie auch seine ungewöhnliche diplomatische Reise
durch Westeuropa zu erklären. Seine persönlichen Besuche der Höfe von Avi-
gnon, Kastilien, Paris und London waren für das Mittelalter nicht beispiellos.
So war im Jahre 1364, knapp 40 Jahre zuvor, Peter von Zypern an denselben
Höfen zugegen, um ebenso wie Sigismund für ein Kreuzzugsprogramm zur
Türkenabwehr zu werben/ Und doch war die Reise des Luxemburgers in den
Jahren 1415-1416 einzigartig, denn noch nie hatte der Herrscher des römisch-
deutschen Imperiums derartige Distanzen zurückgelegt und derart viele frem-
de Königshöfe besucht, um sich selbst an fremde Verhandlungstische zu set-
zen.
Sigismund war vom Konstanzer Konzil in der Absicht aufgebrochen, in-
nerhalb weniger Wochen wieder zurückzukehren. Tatsächlich führte ihn die
Reise mehr als ein Jahr durch Westeuropa, wobei er mit den bedeutenden Par-
teien stets durch Botschafter in Verbindung blieb/ Der Gesandtenaustausch
mit Heinrich V. intensivierte sich, als er im März 1416 in Paris ankam/ Am
25. April 1416 erreichte Sigismund nach diesem längeren, politisch weniger er-
folgreichen Aufenthalt mit seinem Gefolge über Boulogne-sur-Mer^ kommend
das englische Calais. Dort wurde er, wie von Heinrich V. angeordnet/ von
Richard Beauchamp, Earl of Warwick, feierlich in Empfang genommen.Wäh-
rend der Reise wurde er von französischen Adligen sowie einer hochstehenden
Delegation begleitet, darunter der Erzbischof von Reims, Raoul de Gaucourt,
4 KiNTziNGER, Westbindungen, S. lOf; VoN AscHBACH, Geschichte Kaiser Sigismund's, S. 342
5 Zur Reise Peters von Lusignan: EDBURY, Peter of Cyprus the Kingdom and the Crusades,
S. 164f.
6 Zum Gesandtenwechsel vgl. ausführlich: KiNTziNGER, Politische Westbeziehungen S. 96f.;
REiTEMEiER, Außenpolitik, S. 284f.; Aus der Kanzlei Kaiser Sigismunds, ed. Caro, Nr. 40, Stück
137, S. 109-123, hier S. 120.
7 Einzug am 1. März 1416, RI XI, 1 Nr. 1945; Acta Concilii Constanciensis, Bd. 2, ed. Finke, S. 58;
Ebd., Bd. 3, S. 455f., Itinerar Kaiser Sigismunds, ed. Hoensch, S. 96; GiERTH, Vermittlungsver-
suche Kaiser Sigismunds, S. 14f., WYLiE/WAUGH, Henry V Bd. 3, S. 2f.
8 Windecke berichtet, dass man in Boulogne-sur-Mer das 800 Mann starke Gefolge nicht einlas-
sen wollte, weswegen es zu Verstimmungen zwischen Sigismund und den Bürgern kam und
er deren Geschenke ablehnte, Eberhard Windeckes Denkwürdigkeiten, ed. Altmann, Kap.
108, S. 92f.
9 Dem Befehl, er? 1a plus iroMnaraMe appara?7e ??M?7s poM?ro?h ari/zahete??, (Proceedings and
Ordinances of the Privy Council, Bd. 1. S. 193-195) dürfte Warwick Folge geleistet haben.
10 Vgl. RI XI, 1 Nr. 1954 b S. 132; Sigismunds eigene Darstellung bei CARO, Kanzlei, Nr. 40 Stücke
137, S. 109-23, hier: S. 113M; Dazu auch: Gesta, ed. Taylor/Roskell, S. 129 Anm. 6.
Teil 1: Spätmittelalterliche Herrschertreffen
kommen des Konstanzer Konzils (1414-1417). Seine Vorgehensweise verband
beide Konfliktfelder, waren sie doch ohnehin eng miteinander verwoben. Ein
Verhandlungserfolg zwischen den Parteien zu beiden Seiten des Kanals hätte
Abhängigkeiten aus einem Gefühl der Verpflichtung in derselben Weise nach
sich gezogen, wie das Durchsetzen eines im Abendland allgemein anerkannten
Papstes/ So ist Sigismunds gleichzeitiges vehementes Eintreten für das und
auf dem Konstanzer Konzil wie auch seine ungewöhnliche diplomatische Reise
durch Westeuropa zu erklären. Seine persönlichen Besuche der Höfe von Avi-
gnon, Kastilien, Paris und London waren für das Mittelalter nicht beispiellos.
So war im Jahre 1364, knapp 40 Jahre zuvor, Peter von Zypern an denselben
Höfen zugegen, um ebenso wie Sigismund für ein Kreuzzugsprogramm zur
Türkenabwehr zu werben/ Und doch war die Reise des Luxemburgers in den
Jahren 1415-1416 einzigartig, denn noch nie hatte der Herrscher des römisch-
deutschen Imperiums derartige Distanzen zurückgelegt und derart viele frem-
de Königshöfe besucht, um sich selbst an fremde Verhandlungstische zu set-
zen.
Sigismund war vom Konstanzer Konzil in der Absicht aufgebrochen, in-
nerhalb weniger Wochen wieder zurückzukehren. Tatsächlich führte ihn die
Reise mehr als ein Jahr durch Westeuropa, wobei er mit den bedeutenden Par-
teien stets durch Botschafter in Verbindung blieb/ Der Gesandtenaustausch
mit Heinrich V. intensivierte sich, als er im März 1416 in Paris ankam/ Am
25. April 1416 erreichte Sigismund nach diesem längeren, politisch weniger er-
folgreichen Aufenthalt mit seinem Gefolge über Boulogne-sur-Mer^ kommend
das englische Calais. Dort wurde er, wie von Heinrich V. angeordnet/ von
Richard Beauchamp, Earl of Warwick, feierlich in Empfang genommen.Wäh-
rend der Reise wurde er von französischen Adligen sowie einer hochstehenden
Delegation begleitet, darunter der Erzbischof von Reims, Raoul de Gaucourt,
4 KiNTziNGER, Westbindungen, S. lOf; VoN AscHBACH, Geschichte Kaiser Sigismund's, S. 342
5 Zur Reise Peters von Lusignan: EDBURY, Peter of Cyprus the Kingdom and the Crusades,
S. 164f.
6 Zum Gesandtenwechsel vgl. ausführlich: KiNTziNGER, Politische Westbeziehungen S. 96f.;
REiTEMEiER, Außenpolitik, S. 284f.; Aus der Kanzlei Kaiser Sigismunds, ed. Caro, Nr. 40, Stück
137, S. 109-123, hier S. 120.
7 Einzug am 1. März 1416, RI XI, 1 Nr. 1945; Acta Concilii Constanciensis, Bd. 2, ed. Finke, S. 58;
Ebd., Bd. 3, S. 455f., Itinerar Kaiser Sigismunds, ed. Hoensch, S. 96; GiERTH, Vermittlungsver-
suche Kaiser Sigismunds, S. 14f., WYLiE/WAUGH, Henry V Bd. 3, S. 2f.
8 Windecke berichtet, dass man in Boulogne-sur-Mer das 800 Mann starke Gefolge nicht einlas-
sen wollte, weswegen es zu Verstimmungen zwischen Sigismund und den Bürgern kam und
er deren Geschenke ablehnte, Eberhard Windeckes Denkwürdigkeiten, ed. Altmann, Kap.
108, S. 92f.
9 Dem Befehl, er? 1a plus iroMnaraMe appara?7e ??M?7s poM?ro?h ari/zahete??, (Proceedings and
Ordinances of the Privy Council, Bd. 1. S. 193-195) dürfte Warwick Folge geleistet haben.
10 Vgl. RI XI, 1 Nr. 1954 b S. 132; Sigismunds eigene Darstellung bei CARO, Kanzlei, Nr. 40 Stücke
137, S. 109-23, hier: S. 113M; Dazu auch: Gesta, ed. Taylor/Roskell, S. 129 Anm. 6.