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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0028

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Einleitung

Herrschertreffen im Licht der Quellen
Es gibt kein eigenes Quellenkorpus für Herrschertreffen, keinen gesonderten
Archivfonds oder ein spezifisches Textgenred" So sind die unterschiedlichen
Kategorien, aus denen Kenntnis über Herrschertreffen gewonnen werden kann,
also erzählende Quellen, normative Texte und Verwaltungsschriftgut, kurz
in ihrer Spezifik einzuführend' Die öffentlichen Akte auf oberster politischer
Ebene erregten zumeist Aufsehen. Schriftkundige unterschiedlichen Kennüüs-
und Bildungsstands hielten derartige Momente fest und bewerteten die Ge-
schehnisse, so dass die Quellen, die zur Erforschung von Herrscherbegegnun-
gen im späten Mittelalter herangezogen werden können, unerschöpflich, doch
kaum erschöpfend sind. Selbst für das bestdokumentierte Herrschertreffen
des späten Mittelalters, zu dem ein ausführlicher Bericht von über 80 Seiten in
moderner Edition vorliegt, bleiben viele Fragen zu Zeremoniell und Protokoll,
Gestaltungsinitiative und Handlungsmacht offen."* Daher wird bei über
200 nachweisbaren Treffen das Material schwer eingrenzbar und schon rein
bibliographisch undurchdringlich. Deswegen war es notwendig, sich auf die
acht intensiv untersuchten Treffen zu konzentrieren, bei denen die unterschied-
lichen Quellen bewertet, kontextualisiert und entsprechend gedeutet wurden.
Bei den weiteren Herrscherbegegnungen wurden die bedeutenden Textzeugen
in einem Repertorium erfasst, um möglichst viele Hinweise auf das Zeremoniell
europäischer Herrschertreffen wiederzugeben. Dabei wird allerdings nur in
geringem Ausmaß auf unterschiedliche Überlieferungen eingegangen."'
Zudem gilt es festzuhalten, dass es kaum normative Quellen für die Durch-
führung von Herrschertreffen gibt. An der päpstlichen Kurie fanden sich be-
reits seit dem hohen Mittelalter präzise Regelungen für die Usancen eines Kai-
ser- oder Königsempfangs. Diese wurden schriftlich in den Ordines Romani
festgehalten. Dabei wurden Aspekte wie das Empfangszeremoniell, der Ab-
lauf, die Örtlichkeiten, Integration in die Messe, Geschenke, ggf. Mahlzeiten
etc. detailliert vorgeschrieben."" Ergänzt wurden diese Präskripte durch die

60 Gleichwohl Anden sich an unterschiedlichen Stellen Belegsammlungen, wie bei Johann
Christian LüNiG, Theatrum Ceremoniale Historico-Politicum, S. 144-231 (Mit Beispielen aus
dem Zeitraum 1525-1703) oder Theodore GoDBFROY, Ceremonial de France (Paris 1619) oder
den am französischen Hof angefertigten Sammelhandschriften zum Hofzeremoniell, heu-
te London, BL, Ms. Add. 30539 u. insb. Ms. Add. 30540, fol. 193-265v (Mit chronikalischen
Berichten von 1254—1622).
61 Ausführliche Quellentypologie Air die thematisch verwandten Herrschereinzüge bei SCHENK,
Zeremoniell und Politik, S. 16-80.
62 Zum TreAen von Kaiser Karl IV. und Karl V. von Frankreich im Jan. 1378: Chronique des re-
gnes de Jean II. et de Charles V., ed. Delachenal, Bd. 2, S. 193-277; ausAihrlich unten S. 317-
330..
63 Die einzelnen TreAen sind im Anhang aufgeAihrt. Auf sie wird im Text nach Nummern (z. B.
R144) verwiesen.
64 Zu den normativen Quellen: HACK, Das Empfangszeremoniell bei miAelalterlichen Papst-Ka-
iser-TreAen; ScHiMMELPFENMG, Die Zeremonienbücher der römischen Kurie im Mittelalter;
dazu auch: DERS., Die Behandlung von Herrschervertretern im päpstlichen Zeremoniell,
S.137-146.
 
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