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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0372

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368

Teil 2: Abläufe und Formen von Herrschertreffen

2.2.2. Mahl und Repräsentation
Bei Herrschertreffen nahmen Gastmähler eine zentrale Funktion ein. Zumin-
dest legt der hohe Aufwand nahe, dass sie als integraler Bestandteil für königli-
che Begegnungen gesehen wurden. Bankette begleiteten jedes Treffen und nur
selten sind Begegnungen nachzuweisen, bei denen kein gemeinsames Mahl
eingenommen wurde. Vereint an der Tafel zu sitzen und Mahlgemeinschaft
zu halten, drückte dabei einen notwendigen Konsens aus, der weitere Annähe-
rung und die Festigung von Beziehungen ermöglichte. Im Folgenden ist darauf
einzugehen, in welchen Formen ein Staatsbankett als höfisch-ästhetisches Er-
eignis im Sinne einer Politikgestaltung wirksam werden konnte.
In der Regel fanden bei Herrschertreffen mehrere Gastmähler statt. Die
Bandbreite reichte dabei vom Staatsbankett mit mehr als tausend Gästen bis
hin zum Essen in einem kleinen Kreis von Fürsten und Adligen. In schwierigen
Situationen wie bei Friedensschlüssen, bei denen ein vollständiges Mahl für
nicht durchführbar erachtet wurde, konnte es dazu kommen, dass durch eine
kleine, funktional nicht notwendige Verköstigung eine Mahlgemeinschaft nur
symbolisch geschaffen wurde. So wurde im Rahmen der Begrüßungsformalien
bei dem Treffen Karls VI. von Frankreich und Richards II. von England am
27. Oktober 1396 bei Ardres im Rahmen des Empfangs eine kleine Stärkung ge-
reicht, die Mahlgemeinschaft dadurch lediglich angedeutet: Nach dem proto-
kollarischen Begrüßungskuss brachten die höchsten anwesenden Adligen, die
Herzoge von Gloucester und Lancaster und von Berry und Burgund, den Kö-
nigen Wein und Spezereien/" Die somit sinnbildlich dargestellte Bereitschaft
zum gemeinsamen Mahl nahm eine tatsächliche Mahlgemeinschaft vorweg,
die nach dem feierlichen Friedensschluss und der Vertragsbeeidung des Folge-
tags erfolgen sollte."'
Zur Wahrung der Gleichrangigkeit der Parteien einigte man sich bei vielen
Begegnungen im Vorfeld auf gegenseitige Einladungen, also die abwechseln-
de Übernahme der hohen Ausgaben. " Gerade bei Gelegenheiten, bei denen es
auf die Wahrung der jeweiligen Souveränität ankam, lud man sich gegenseitig
ein." Stand dies im Vorfeld fest, reisten die Könige bereits mit entsprechen-
dem Personal und Küchenausstattung an, wofür Eduard I. im Mai des Jahres
1286 allein acht Schiffe benötigte. Für die Gastmähler, die in der Abtei Saint-

56 Jean Juvenal des Ursins, Histoire de Charles VI, ed. Michaud/Poujoulat, S. 405: El (yaanE Es y
JErent, Es se Eaisereni ei saioereni i'an i'aaire, ea iwrme amoar yaix ei EEeciion, ei iors on EemanEa
ies esyices ei ie uin. El seruireni ies Eues Ee Berry ei Ee Boargogne, ei ies Eues Ee Eaacasire ei Ee
Coicesire.
57 Allein, ein Krankheitsschub Karls VI. verhinderte sein Beisein. Beim Staatsbankett, das auf
den 29. Okt. 1396 verschoben wurde, musste er sich durch seine zwei Onkel vertreten lassen
(Chronique du Religieux de Saint-Denys, ed. Bellaguet, Bd. 2, S. 460-472).
58 So z. B. die Gastmähler während der Begegnung von Eduard I. und Alfons III. von Aragon in
Oleron 1287 (Ramon Muntaner, Cronaca, ed. Soldevila, Kap. 168, S. 818): [...Je Mn jora meajaua
io seayor re E'Arago a& io rei E'Aagieierra e aiire Eia io rei E'Aagieierra ai? io rei E'Aragoa.
59 Vgl. die Einladungen im Rahmen der Ratifikation des Frieden von Bretigny 1360 (Jean Frois-
sart, Chroniques, ed. Kervyn de Lettenhove, Bd. 6, S. S. 301): Ei foas ies joars Eoaaoieai ii Eoy roy
i'aa i'aaire a Eisaer.
 
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