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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0409

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Schlussbetrachtung

Ausgangspunkt der Untersuchung war die Frage nach den Formen und Ab-
läufen von Herrschertreffen im Spätmittelalter. Auf mehreren Ebenen wurden
Aspekte formalisierten Verhaltens zwischen europäischen Herrschaftsträgern
verfolgt. Dabei widmete sich der erste Teil verschiedenen Begegnungsformen
von Herrschern. Die acht vertieft untersuchten Fälle erhellten jeweils einen
spezifischen Themenkomplex wie Verhandlungen und Konsensbildung, Eide,
Vertragsschlüsse, Friedensverträge oder Belehnungen als konkrete und un-
mittelbare Momente königlichen Gegenübers. Sonderfälle stellten hierbei die
Begegnungen mit Königen dar, die in Gefangenschaft geraten waren, und sol-
chen, die dieselbe Krone beanspruchten. Darüberhinaus führte der Abschnitt
zu »Text und Ritual« den Nachweis, wie sehr die Aussagen über ritualisiertes
Verhalten von den überlieferten Berichten abhängig sind. Gerade aber durch
das letzte gewählte Beispiel, die Parisreise Karls IV. im Jahre 1378, konnte die
intentionale Nutzung des Zeremoniells dargestellt und gedeutet werden. Die
Einzelstudien des ersten Teils wurden durch den zweiten Teil ergänzt, in dem
systematisch sowohl der chronologische Ablauf wie auch die Bandbreite der
möglichen Formen und der Wandel der spezifischen Elemente eines Herrscher-
treffens gezeigt wurden. Dabei rückten einzelne Bestandteile monarchischen
Verhaltens ins Licht der Untersuchung, die lediglich Teil des Ablaufs von Herr-
schertreffen waren, aber ihrerseits über einen eigenen Formenschatz und eine
eigene Tradition verfügten. So konnte ein spezifischer Wandel im Gebrauch
symbolischer Handlungen und ritualisierten Verhaltens im Sinne einer äuoüüz'on
&s yasfes nachgezeichnet werden. Durch das so aufbereitete umfangreiche Ma-
terial konnten einige Annahmen erwiesen werden.
Erstens waren Herrschertreffen bewusste und vielfach genutzte Instrumen-
te der politischen Praxis. Öfter als zweihundert Mal kamen im Zeitraum zwi-
schen 1270 und 1440 Kaiser oder Könige Europas zusammen, um in gewaltfreier
Weise Konflikte zu lösen, Rechtsverbindlichkeiten einzugehen und durch per-
sönliches Auftreten nachdrücklich ihre Handlungsabsichten zu unterstreichen.
Daneben gab es auch zahlreiche Begegnungen, die nicht notwendigerweise ein
zentrales politisches Anliegen verfolgten, wie beispielsweise Besuche und Be-
gegnungen auf der Durchreise. Standen politische Streitfragen an, war durch
die Präsenz der maßgeblichen Entscheidungsträger ein großer Handlungsspiel-
raum eröffnet. Dadurch konnten Lösungen gefunden werden, die auf anderer
Ebene nicht möglich gewesen wären. Beschlüsse konnten schneller gefasst
werden, und die festgelegten Vereinbarungen hatten eine größere Tragweite.
Dabei konnten gerade bei auseinanderstrebenden Interessensfeldern zeremo-
nielle und formale Elemente zielgerichtet und ordnend eingesetzt werden, um
die politischen Ziele zu verfolgen. In der Gesamtheit sind Herrschertreffen als
distinkte Form erkennbar, auch wenn bisweilen deren zentrale Elemente wie
Eidesleistungen etc. ganz eigenen Formtraditionen folgten. Doch anders als bei
den üblichen, als n'fMßis oj* roi/aüi/ verstandenen Formalakten des Königtums
 
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