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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0183

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Belehnungsakte zwischen Königen

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1er ausgehandelt worden war. Neben den geistlichen Würdenträgern Werner
von Mainz, Friedrich von Salzburg, Berthold von Bamberg, Leo von Regens-
burg, Peter von Passau, Konrad von Freising, Bruno von Brixen, Dietrich von
Gurk, Johannes von Chiemsee waren von den weltlichen Reichsfürsten Mark-
graf Otto von Brandenburg, Pfalzgraf Ludwig bei Rhein, Burggraf Ludwig
von Nürnberg und weitere Adlige zugegen. In Anwesenheit dieser Fürsten
beeideten beide Könige den Friedensvertrag. Dadurch sollten die Auseinan-
dersetzungen behoben und der Friede, der zudem durch zwei Ehe Verbindun-
gen bekräftigt werden sollte, wiederhergestellt werden. Sicherlich übertreibt
der Abt von Zittau nicht, wenn er die Stimmung als amicables Verhältnis der
Könige beschreibt, bei dem sich die Regenten den Friedenskuss (oscnütm pttcz's)
gegeben hätten.^ Zwar bleibt diese späte Beschreibung der einzige Hinweis
auf den rituellen Friedenskuss, doch deutete auch der Autor der zeitlich nä-
heren Annales Ottokariani das freundliche und freundschaftliche Verhältnis
mehrfach an.^
Die spürbaren Schatten des Misstrauens sollten jedoch schon wenige Tage
nach der Trennung der Könige in offenen Widerstand Otakars Umschlagen.
Mitte Dezember warf er Rudolf in einem Protestschreiben vor, gegen den Ver-
trag verstoßen zu haben/" Als Reaktion darauf ließ Rudolf durch einen Fürs-
tenspruch die Rechtmäßigkeit des Friedensvertrages und seines Verhaltens
bestätigen.^ In seiner ersten Wiener Formulierung wurde der Vertrag nie um-
gesetzt. Mehrmals trafen sich Gesandtschaften, um erneute Friedensverträge
auszuhandeln/' die jedoch eine militärische Auseinandersetzung nicht aufhal-
ten konnten. Am 26. August 1278 kam es zur Schlacht bei Dürnkrut, in der
Otakar fiel.
So lässt sich die Belehnung Otakars dahingehend deuten, dass der Lehns-
akt nicht einer Belehnung im üblichen Sinne gleichkam, sondern als äußere
Form dazu diente, im Rahmen eines Friedensvertrages die Voraussetzungen
für Rechtssicherheit und Vertrauen im Reich aufzubauen, aber auch die Besit-
zungen Rudolfs zu sichern und zu erweitern.

1.4.2. Belehnungsakte zwischen Königen:
Beziehungen, Formen und Rechtsrituale
Mehrfach nahmen auch im späten Mittelalter Könige in einer Zeremonie ein
Lehen von einem anderen König bzw. vom Kaiser in Empfang und brachten

53 Peter von Zittau, Königsaaler Chronik, ed. Emler, Kap. 1/7, S. 13f.: Diutna tgitar uauewte ciemen-
CM detata dissensiords ?naten'a reges conuenerrurt et ^ai pardo ante discordes/H^ra^rt, pacis oscMtmn
pre&MerMHt.
54 Annales Ottakariani, ed. Köpke, MGH SS 9, S. 191: [...] inconuMtsis radtct^MS a^nicitiae ad p^uprios
iares iaeti re^nearant.
55 Wien, 1276 Dez. 29: Codex diplomaticus et epistolaris Moraviae, ed. Boczek et al., Bd. 4,
Nr. 134, S. 185f.
56 Wien, 1276 Dez. 30: MGH Const. 3, Nr. 117, S. 110.
57 Ein zweiter Friedensvertrag wurde ausgehandelt in Wien, 1277 Mai 6: MGH Const. 3, Nr. 129,
S. 123-127; ein dritter, 1277 Sept. 12: ebd., Nr. 139, S. 132-135.
 
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