Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0357

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Chronologie einer Begegnung

353

erregend, da keine Möglichkeit bestand, die feierliche Verleihung am ungari-
schen Königshof durchzuführen. Daher beließ es Sigismund wohl dabei, die
Ordensinsignien zu übergeben bzw. später übergeben zu lassen. Uber diese
Mitgliedschaft existieren lediglich ungarische Nachrichten und die Erwäh-
nung eines Ordens der Drachengesellschaft in einem späteren Inventar des
Schatzes Heinrichs V.^ Auch Ritterschläge wurden im Rahmen von Herrscher-
treffen durchgeführt. Am Pfingstsonntag des Jahres 1313 wurden im Beisein
Eduards II. und Philipps IV. in Paris die drei Söhne Philipps und mit diesen
viele weitere Anwärter in ihrem Status erhöht.
Als Bestandteil des umfangreichen Besucherprogramms wurden bisweilen
eigens Turniere organisiert. Ebenso wurden den Fremden auch die Errungen-
schaften des Landes gezeigt. Karl V. ermöglichte es seinem kaiserlichen Gast
Karl IV. beispielsweise, alle neueren Bauprojekte seines Neffen zu besuchen.
Je nach Dauer des Aufenthalts bot sich die Gelegenheit, die höfischen Ablen-
kungen gemeinsam zu unternehmen. Dazu zählten vor allem Jagdausflüge,
Theaterbesuche oder ähnliches.An Möglichkeiten der Unterhaltung wurde
bisweilen alles genutzt, was Hof- und Festkultur zu bieten hatten.
Zwangsläufig kehrte bei längeren Aufenthalten auswärtiger Könige ein ge-
wisses Maß an höfischem Alltag ein. Herrscher, die in ihrem eigenen Reich ab-
kömmlich waren, hielten sich bisweilen monatelang an fremden Königshöfen
auf. Der repräsentative Aufwand war freilich bei einem inszenierten Treffen ein
anderer als bei einem längerfristigen Verweilen.

2.1.4. Abschied
Mit einem zeremoniellen Abschiednehmen als förmlicherm Abschluss wurde
das Herrschertreffen beschlossen. Gleich einer zeremoniellen Klammer bildete
es zusammen mit der Begrüßung den äußeren Rahmen eines Herrschertreffens.
Gerade bei längeren Begegnungen suchten sich die Herrscher dazu ein letztes
Mal auf. Bisweilen geschah dies in feierlicher Aufmachung,^ üblicherweise
jedoch in Alltags- oder Reisebekleidung und für einen längeren Heimweg ge-
rüstet. Dabei wurde jedoch meist nicht mehr der Grad an Aufmerksamkeit und
Förmlichkeit der einstigen Begrüßung erreicht.Dennoch handelte es sich um
formelhaftes und regelgeleitetes Verhalten, über das genaue Vorstellungen
existierten. Am Hof des französischen Königs Karl V. scheint beispielsweise
die Auffassung geherrscht zu haben, dass der König seinen Gast bei einem
letzten Gastmahl verabschiedete, nicht jedoch am Abreisetag. Ausdruck fand

99 KiNTziNGER, Westbindungen im spätmittelalterlichen Europa, S. 277-281.
100 Enguerran de Monstrelet, Chronique, ed. Douet d'Arcq, Bd. 3, S. 389-403; ebd., Bd. 4, S. 15-
26.
101 1378 Jan. 16, Kaiser Karl IV. und Karl V. von Frankreich (Chronique des regnes de Jean II et de
Charles V, ed. Delachenal, Bd. 1, S. 271): [...] acompa;'gn:e de graut Joison de seigneurs, preias et
cdeuahers,
102 Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass Verabschiedungen in Berichten als weniger be-
deutsam eingestuft und somit vergleichsweise selten beschrieben wurden.
 
Annotationen