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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0356

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352

Teil 2: Abläufe und Formen von Herrschertreffen

abschließenden Versammlung der Beteiligten/" Ebenso kam es aber auch zu
unmittelbaren Gerichtssitzungen, bei denen von einem Monarchen über die
Belange eines anderen geurteilt wurde/' Auch wohnten Könige als Richter
dem Vollzug eines Spruchs über ein gekröntes Haupt bei. Johann Balliol von
Schottland wurde vor den Augen Eduards I. zeremoniell seines königlichen
Amtes enthoben/"'
Je nach Anlass der Begegnung bot eine Vielzahl zeremonieller Formen die
Möglichkeit, öffentlich darzustellen, welches Verhältnis die Monarchen unter-
einander eingingen. Dazu zählten vor allem die Bankette und Feste, die ge-
messen an ihrer Häufigkeit, ihren Kosten und ihrem protokollarischem Auf-
wand zu den unverzichtbaren Kernelementen herrscherlicher Begegnungen zu
zählen sind/' Repräsentative Staatsbankette, bei denen auch Herzoge, Fürsten
und Adlige beider Seiten in hierarchischer Ordnung teilnahmen, konnten bei
der Eröffnung oder beim Abschluss eines Herrschertreffens, bei Hochzeiten
oder bei hohen Kirchenfesten besonders üppig ausfallen.
Die gegenseitige Aufnahme in monarchische Ritterorden konnte zum fest-
lichen Höhepunkt einer längeren Begegnung ausgestaltet werden. Die neuen
Ordensmitglieder hatten - zumindest gemäß den Statuten - dem Ordensleiter,
in den meisten Satzungen sozmcmm genannt, stets Folge zu leisten, gar eine
Verbeugung vor ihm zu machen. So wurden 1404 Erich IX. von Schweden
und 1416 Sigismund feierlich in den königlichen Hosenbandorden aufgenom-
men/^
Derartige Verpflichtungen, die auf zeremonieller Initiierung fußten, wirk-
ten um so nachhaltiger, je mehr sie durch weitere Möglichkeiten der Bindung
bestärkt wurden, so etwa durch die wechselseitige Aufnahme der Herrscher
in ihre jeweiligen Orden. So spricht vieles dafür, dass Sigismund seinerseits
die Mitgliedschaft der ungarischen Drachengesellschaft (sccz'Has dmcozzz's, tütz-
cowz'ca) an Heinrich V. verlieh. Dies geschah jedoch weit weniger aufsehen-

94 NowAK, International Arbitration in the Later Middle, S. 69-87. Zu Mediationen oder
Schiedssprüchen bei Herrschertreffen kam es 1287 u. 1288 (Eduard I. für Alfons III. von
Aragon und die französische Seite); 1318 (Ludwig IV. der Bayer über Johann von Böhmen
und böhmische Adlige); 1350 (Waldemar IV. Atterdag König von Dänemark als Schiedsrichter
für Kaiser Karl IV. und Ludwig von Brandenburg); 1356 (Ludwig von Ungarn als Vermittler
zwischen Kaiser Karl IV. und Albrecht von Österreich); 1356 (Kaiser Karl IV. als Mediator im
Streitfall der Ehe Kasimirs III. von Polen); 1360 (Ludwig von Ungarn als Vermittler zwischen
Kaiser Karl IV. und Rudolf IV. von Österreich); 1364 (Kasimir als Vermittler zwischen Kai-
ser Karl IV. und Ludwig von Ungarn); 1386 (Wenzel IV. von Böhmen als Vermittler zwischen
Elisabeth, der regierenden Königswitwe von Ungarn bezüglich der Thronansprüche seines
Bruders Sigismund); 1412 (Wladyslaw II. Jagiello als Vermittler in Ofen zwischen Sigismund
und Herzog Ernst von Österreich); 1415/16 (Sigismund als Vermittler zwischen Karl VI. von
Frankreich und Heinrich V. von England); 1419 (Sigismund als Vermittler zwischen Wladys-
law II. und dem Deutschen Orden).
95 So beim Prozess gegen Karl II. von Navarra nach dessen Gefangennahme am 5. Apr. 1356;
SECOUSSE, Preuves de l'histoire de Charles le Mauvais, S. 568-576.
96 R44; vgl. dazu oben Kap. 1.8.2.
97 Zu den Festakten vgl. ausführlich Kap. 2.2.
98 Johann I. von Portugal wurde 1400 in den Orden aufgenommen, traf allerdings mit Hein-
rich IV. nicht zusammen (CoLUNS, The Order of the Garter, S. 292).
 
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