Text und Ritual
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sie von Kaiser Ludwig dem Bayern in einer feierlichen Hoftagssitzung verkün-
det worden waren, an der der englische König als Gast teilgenommen hatte.
Kurfürsten und Große des Reichs standen in diesem Akt im Vordergrund. Das
zweite Notariatsinstrument, in seiner Einleitung und in der Beschreibung der
zeremoniellen Formen nahezu textgleich mit dem ersten, war die Erklärung
Ludwigs, dass er seine Aussöhnung mit der römischen Kurie der Vermittlung
der Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier sowie der des Königs von England
überlasse. Die in beiden Schriftstücken ausführliche Schilderung zeremoniel-
ler Handlungen belegt die Bedeutung von symbolischen Handlungen für die
Anerkennung und Rechtsgültigkeit von Gesetzen, zumal sie von ebensolcher
Bedeutung waren wie die Verkündung von Licet iuris am 6. August 1338.^ Bei
den beiden Notariatsinstrumenten handelt es sich um die am besten verbürgte
Schilderung der Ereignisse des 5. September, da beide Schriftstücke noch am
selben Tag und unter besonderer Kontrolle entstanden. Die drei Notare Gerlach
Heinrich von Rusbach, Johannes de Osterna und Theodoricus »dictus Hake«
de Wizsense bestätigten mit ihrem Notariatssignet, als Augenzeugen zugegen
gewesen zu sein und alles Gesehene und Gehörte wahrheitsgemäß (sz'c^bn' Hdz
gf aMÜmz) niedergelegt zu haben/ Damit entsprachen sie den Usancen eines
Nicht alle zeremoniellen Handlungen wurden in das
Notariatsinstrument auf genommen, sondern nur soweit diese für die Gültigkeit
der Gesetze als von Belang erachtet wurden/' Aufgrund des klaren rechtlichen
Charakters dieses Schriftstücks sind sowohl Formulierungen wie Berichtsper-
spektive juristischer Begrifflichkeit verpflichtet. Der Bezug der Gesetze zum
Reich trat dabei stärker hervor als die Anwesenheit des englischen Königs mit
seinem Gefolge, der in der Zeugenliste nach den Kurfürsten genannt wurde.
Eine spätere deutschsprachige Urkunde Ludwigs aus Frankfurt ging weder
auf die Zeugen noch auf das Zeremoniell ein.^
Eine weitere aussagekräftige nichthistoriographische Quelle ist das Proto-
koll des Koblenzer Rates. In den nur wenige Tage nach dem Ereignis aufge-
zeichneten Notizen werden die Zusammenkunft Ludwigs mit dem englischen
König, den Erzbischöfen von Trier und Mainz sowie einigen weitereren Bischö-
fe am 31. August 1338, das Festessen am 1. September und - besonders aus-
führlich - die feierliche Sitzung am 5. September beschrieben/'
Das detaillierte Wardrobe Book des William de Norwell verzeichnet die
Ausgaben des englischen Königshofes für Eduards Reise nach Koblenz. Für
4 Zu Licet iuris: MiETHKE, Kaiser und Papst im Spätmittelalter, S. 421f.; ZEUMER, Ludwigs des
Bayern Königswahlgesetz »Licet juris« vom 6. Aug. 1338, S. 485^87; LiEBERicn, Kaiser
Ludwig der Baier als Gesetzgeber, S. 189f.
5 Nova Alamanniae, ed. Stengel, Bd. 1, Nr. 557, S. 370-379.
6 Vgl. unten Kap. 1.3., insb. S. 139.
7 Die Zeugenliste ist die genaueste Aufstellung der anwesenden deutschen und englischen
Fürsten; vgl. dazu MARTIN, Auf dem Weg zum Reichstag, S. 340, Übersicht 18.
8 Frankfurt/Main, 1338 Sept. 5 [rückdatiert], in: FRG, ed. Böhmer, Bd. 1, S. 219, RI LdB 4, Nr. 156.
Die deutschsprachige Urkunde wich inhaltlich von den Notariatsinstrumenten ab und gab die
Gesetze 2 bis 5 als modifiziertes Gesetz 1 wieder.
9 Koblenzer Ratsbuch, ed. Schaus, S. 501f.; Quellen zur Geschichte des St. Kastorstifts, ed.
Schmidt, Bd. 1, S. 361, Anm. 1.
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sie von Kaiser Ludwig dem Bayern in einer feierlichen Hoftagssitzung verkün-
det worden waren, an der der englische König als Gast teilgenommen hatte.
Kurfürsten und Große des Reichs standen in diesem Akt im Vordergrund. Das
zweite Notariatsinstrument, in seiner Einleitung und in der Beschreibung der
zeremoniellen Formen nahezu textgleich mit dem ersten, war die Erklärung
Ludwigs, dass er seine Aussöhnung mit der römischen Kurie der Vermittlung
der Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier sowie der des Königs von England
überlasse. Die in beiden Schriftstücken ausführliche Schilderung zeremoniel-
ler Handlungen belegt die Bedeutung von symbolischen Handlungen für die
Anerkennung und Rechtsgültigkeit von Gesetzen, zumal sie von ebensolcher
Bedeutung waren wie die Verkündung von Licet iuris am 6. August 1338.^ Bei
den beiden Notariatsinstrumenten handelt es sich um die am besten verbürgte
Schilderung der Ereignisse des 5. September, da beide Schriftstücke noch am
selben Tag und unter besonderer Kontrolle entstanden. Die drei Notare Gerlach
Heinrich von Rusbach, Johannes de Osterna und Theodoricus »dictus Hake«
de Wizsense bestätigten mit ihrem Notariatssignet, als Augenzeugen zugegen
gewesen zu sein und alles Gesehene und Gehörte wahrheitsgemäß (sz'c^bn' Hdz
gf aMÜmz) niedergelegt zu haben/ Damit entsprachen sie den Usancen eines
Nicht alle zeremoniellen Handlungen wurden in das
Notariatsinstrument auf genommen, sondern nur soweit diese für die Gültigkeit
der Gesetze als von Belang erachtet wurden/' Aufgrund des klaren rechtlichen
Charakters dieses Schriftstücks sind sowohl Formulierungen wie Berichtsper-
spektive juristischer Begrifflichkeit verpflichtet. Der Bezug der Gesetze zum
Reich trat dabei stärker hervor als die Anwesenheit des englischen Königs mit
seinem Gefolge, der in der Zeugenliste nach den Kurfürsten genannt wurde.
Eine spätere deutschsprachige Urkunde Ludwigs aus Frankfurt ging weder
auf die Zeugen noch auf das Zeremoniell ein.^
Eine weitere aussagekräftige nichthistoriographische Quelle ist das Proto-
koll des Koblenzer Rates. In den nur wenige Tage nach dem Ereignis aufge-
zeichneten Notizen werden die Zusammenkunft Ludwigs mit dem englischen
König, den Erzbischöfen von Trier und Mainz sowie einigen weitereren Bischö-
fe am 31. August 1338, das Festessen am 1. September und - besonders aus-
führlich - die feierliche Sitzung am 5. September beschrieben/'
Das detaillierte Wardrobe Book des William de Norwell verzeichnet die
Ausgaben des englischen Königshofes für Eduards Reise nach Koblenz. Für
4 Zu Licet iuris: MiETHKE, Kaiser und Papst im Spätmittelalter, S. 421f.; ZEUMER, Ludwigs des
Bayern Königswahlgesetz »Licet juris« vom 6. Aug. 1338, S. 485^87; LiEBERicn, Kaiser
Ludwig der Baier als Gesetzgeber, S. 189f.
5 Nova Alamanniae, ed. Stengel, Bd. 1, Nr. 557, S. 370-379.
6 Vgl. unten Kap. 1.3., insb. S. 139.
7 Die Zeugenliste ist die genaueste Aufstellung der anwesenden deutschen und englischen
Fürsten; vgl. dazu MARTIN, Auf dem Weg zum Reichstag, S. 340, Übersicht 18.
8 Frankfurt/Main, 1338 Sept. 5 [rückdatiert], in: FRG, ed. Böhmer, Bd. 1, S. 219, RI LdB 4, Nr. 156.
Die deutschsprachige Urkunde wich inhaltlich von den Notariatsinstrumenten ab und gab die
Gesetze 2 bis 5 als modifiziertes Gesetz 1 wieder.
9 Koblenzer Ratsbuch, ed. Schaus, S. 501f.; Quellen zur Geschichte des St. Kastorstifts, ed.
Schmidt, Bd. 1, S. 361, Anm. 1.