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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0099

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Verhandlungen und Formen der Konsensbildung

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Doch mit Genugtuung hebt der Chronist hervor, dass die Franzosen
bei der Begegnung weniger beeindruckend aussahen als die Personen der eige-
nen Reihen: Im deutschen Lager habe man sich darauf verständigt, nicht nur in
mit Pelz besetzter Kleidung (gg/mvzezvf), sondern in Kleidung der edelsten Aus-
führung, mit weißem Hermelin, zu erscheinen." Philipp habe zwar eine große
Zahl an Rittern aufgeboten, diese seien jedoch von den deutschen Fürsten im
Reichtum der Ausstattung übertroffen worden. Diese wären besser gekleidet
gewesen und hätten alle Franzosen gänzlich in den Schatten gestellt." Diese
Aussage des österreichischen Reimchronisten wird in der Erfurter Peterschro-
nik bestätigt: Der König habe befohlen, dass trotz des schlechten Wetters die
guten Kleider ohne Ubermäntel zu tragen seien. Wer sich nicht daran halte,
solle für einen Tag kein Pferdefutter (pzDzüzmi) erhalten."
Den Aufzug der Beteiligten verbucht Ottokar, der Autor der Reimchronik,
als Triumph der deutschen Seite. Ebenso stellt er nun das feierliche Begrüßungs-
zeremoniell in habsburgfreundlicher Perspektive dar: Der um Wohlwollen be-
mühte König der Franzosen sei dem Reichsoberhaupt in vielerlei Hinsicht ent-
gegen gekommen. Philipp sei, als sich beide Gruppen aufeinanderzubewegten,
beim Anblick seines Gegenübers als erster vom Pferd gestiegen. Daraufhin sei
man in einen Menschenkreis, bestehend aus den Gefolgschaften, getreten (gm
7ihc gg77McH srn). Durch die Bildung des Kreises war eine erste Unterschei-
dung und räumliche Trennung der Handlungsträger gefunden: diejenigen im
Inneren des Kreises, die an der Politikgestaltung im engeren Sinne beteiligt
waren, und diejenigen, die außerhalb des Kreises standen, um zuzuschauen
(zg sg/zezz M7H zg gvzmz)." Nur Fürsten und höherrangige Adlige, dazu die Über-
setzer beider Seiten (ffzbtzHsch z'r &cz'&r spzHclz), durften diesen Kreis betreten,"
wodurch eine offensichtliche Abgrenzung eines engeren und weiteren Kreises
bereits während der Begrüßung deutlich wurde.
Der nächste Schritt war die persönliche Begegnung der Könige. Als sie auf-
einander zuschritten, nahmen sie dabei ihre Hüte ab. Wiederum lässt der Reim-
chronist den französischen König diese ehrende und gleichsam den Gegenüber
erhebende Geste zuerst vollziehen. Albrecht habe diese Geste aus Höflichkeit
erwidert: wz'fzgn m'M Hz, smgr higgzü ozzcfz zzzTzf ug7"gaz." Darauf erfolgte der
eigentliche Gruß der Könige mmTiz'dz'Uz zm& gzzof, ohne dass hierbei ein Hand-

10 Ottokars Österreichische Reimchronik, ed. Seemülier, S. 988, V. 74968t.
11 Ebd., V. 74970: [...] di Tiafscden ade gemeine/Tiefengdhzzen sied, /daz ir dieider dosfd'cd /ge/nrrieref
moasfen sin / mif iafer dianc dermin.
12 Ebd., S. 989, V. 74991-74994: [...] ais man seif, / oerre daz gedieh / und ädergeafen mif sciiaiie / die
Eranzoisaere ade.
13 Chronica S. Petri Erfordensis Moderna, ed. Holder-Egger, MGH SS 30, S. 434: Eraf aidem midie
pinuie dies ide. Rex ergo Romanoram mandauif omnidas snis, af meiioridns proaf dadedanf oesfidns
uesfirenfar. Qnod si <^ais negdgeref, dac senfencia maffarefar, ^aod nd padidi de regia curia reciperef
ida die. Hierbei ist Kern zuzustimmen, dass diese Passage auf die Begegnung der Könige und
nicht auf den Einzug in Toul zu beziehen ist: KERN, Ausdehnungspolitik, S. 204, Anm. 5.
14 Ottokars Österreichische Reimchronik, ed. Seemüller, S. 989, V. 75029.
15 Ebd., S. 989, V. 75051E: [...] in den rinc nieman fraf,/ an der farsfen namen daf.
16 Ebd., S. 989, V. 75043.
 
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