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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0231

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Treffen mit gefangenen Königen

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Jahren Haft für 12 000 Mark Silber freigekauft wurde, nicht mehr an die Spitze
seines Reichs zurück. Sein Sohn Hakon hatte die Ämter und Würden übernom-
men und gestand ihm lediglich den Titel »König von Norwegen« zu, den Mag-
nus seit 1313 besaß. Darüber hinaus setzte er fest, dass sein Vater auf Lebzeiten
nur die Einkünfte des Bistums Skara erhalten, nicht aber die Herrschaft über
die Adligen in diesen Gebieten übernehmen solle.'' Der Aufenthalt im »Turm«
Albrechts von Mecklenburg hatte ihn somit die Krone gekostet. Sein politisches
Leben war damit beendet.

* * *
Zusammenfassend kann man über die Begegnungen von gefangenen und
siegreichen Königen sagen, dass im Moment der Gefangennahme eines Königs
und seines Aufeinandertreffens mit demjenigen, der ihn gefangen hielt, könig-
liche Repräsentationen keine Rolle spielten, wohl aber Rituale aus dem Ge-
fechtswesen wie die Feldsicherheit. Im eigenen Land war der siegreiche König
auf die Darstellung seiner Macht und Würde, seinem Gefangenen gegenüber
auf Abstand und dessen Unterordnung bedacht. Soweit es die politischen Vor-
aussetzungen zuließen, konnten leichtere Haftbedingungen gewährt werden,
die LLera CMSfodzü. Freundlichere Behandlung von gefangenen Königen oder
hochrangigen Adligen zielte freilich auch auf besseres Einvernehmen noch
während der Kampfhandlungen und für die Zeit danach und somit auch auf
künftige Konfliktvermeidung.
Das Diktat der äußeren physischen Umstände war stärker als der Hand-
lungsspielraum, den eine regelhafte Formwahrung in Friedenszeiten schuf. Wo
sich Könige in eindeutigem Verhältnis von Über- und Unterordnung gegen-
übertraten, wurde die verbliebene königliche Würde des Inhaftierten nur in
geringer Weise sichtbar. Seiner Insignien, seines Umfelds, seines Herrschafts-
apparats und seines Hofstaats beraubt, konnte ein König seine Herrschaft im
eigentlichen Sinne nicht mehr ausüben. In kleinem Rahmen wurde den Gefan-
genen bisweilen eine Dienerschaft zugestanden, die bis zu einem Minihofstaat
anwachsen und verschiedene Aufgaben übernehmen konnte. Vereinzelt erga-
ben sich dadurch wieder die Möglichkeiten zu beschränkten herrschaftlichen
Auftritten, die bis zur Veranstaltung großer Staatsdiners reichen konnten. Dies
geschah allerdings nur in dem für das Mittelalter einzigartigen Fall der an-
fänglich großzügigen Haft Johanns II. von Frankreich. Doch die ambivalente
Einstufung als König in Gefangenschaft zu Beginn wandelte sich im Lauf der
Zeit zur eindeutigen Behandlung als Häftling, wenn auch königlichen Ranges.
Ohne dabei jedoch Weihe oder Krönung in Frage zu stellen, wurde durch nu-
anciertes formelles Verhalten der Widerspruch in der Behandlung als König
oder Gefangenem je nach Bedürfnis zum Ausdruck gebracht.

117 HERGEMÖLLER, Magnus versus Birgitta, S. 84f.; NoRDMAN, Albrecht, Herzog von Mecklenburg,
König von Schweden, S. 65-67.
118 Ebd.,S. 61-67.
119 KiNTziNGER, Geiseln und Gefangene im Mittelalter, S. 53.
 
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