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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0362

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358

Teil 2: Abläufe und Formen von Herrschertreffen

nicht zu einem konkurrierenden Tragen von Kronen. Zu den wenigen Aus-
nahmefällen gehörten vor allem die Begegnungen von Reichsoberhaupt und
Böhmenkönig, wo es bei den häufigen Treffen der Monarchen in Reichsange-
legenheiten, wie den Hoftagen, durchaus Vorkommen konnte, dass beide ihre
Krone trugen. Gerade die Kurwürde mit dem Privileg, den Kaiser zu wählen,
und das Schenkenamt mit der zeremoniellen Ehrenaufgabe, das Reichsober-
haupt zu bedienen, verdeutlichten das ambivalente Verhältnis. Im November des
Jahres 1298 weilten Albrecht I. und Wenzel II. von Böhmen auf einem Hoftag in
Nürnberg, bei dem es nach längeren Verhandlungen zur Belehnung des Böh-
men kam. Den Tischdienst vor dem römischen König vollzog der Pfemyslide
mit einer Krone auf dem Haupt. Przibico Pulkava de Rademino, Autor der Pul-
kaver Chronik/ erläutert ausführlich, dass dieser Dienst mit der Krone kein
Präzedenzfall gewesen sei, der Verpflichtungen für den böhmischen König
nach sich ziehe. Ausdrücklich sei es der freie und persönliche Wille des böh-
mischen Königs gewesen, zu jener Gelegenheit die Krone zu tragen. Dadurch
habe er zur größeren Ehre des römischen Königs die Krone getragen, obwohl
er bei der Ausübung des Schenkenamtes dazu von Rechts wegen nicht ver-
pflichtet gewesen wäre. Er sei wie die anderen nichtköniglichen Kurfürsten
nur dazu gehalten, seinen Dienst an feierlichen Anlässen in einfacher Weise
vor den deutschen Königen oder Kaisern zu vollziehen. Damit aber jener Akt
für die künftigen Könige von Böhmen keinen Präzedenzfall schaffe (rzon &-
prcjndzchwi yczicrare), wurde in einem eigenen Schriftstück festgehalten,
dass der König von Böhmen diesen Dienst nicht aus Verpflichtung, sondern
aus Liebe zu seinem Verwandten getan habe/ Der Autor der Pulkaver Chronik
bezieht sich damit auf das am 17. November 1298 ausgestellte Diplom, mit
dem Wenzel das Privileg erhielt, mit Krone dienen zu dürfen. Damit stellte
Albrecht es ihm frei, beim Versehen des Schenkenamts auf Hoftagen oder beim
Krönungsmahl des deutschen Herrschers die Krone zu tragen/
Drei implizite Annahmen des Autors lassen sich anhand dieser Textstelle
festhalten. Erstens gereicht der Dienst der höchsten Fürsten dem römischen
König zur Ehre. Dienst mit den Insignien erhöhte den Effekt der Ehrung in
besonderer Weise. Üblich sei allerdings das Gegenübertreten in der »einfa-
chen« Art und Weise der Kurfürsten und dass Wenzel zum Dienst mit Kro-
ne nicht gezwungen werden dürfe. Zweitens existierten feste Vorstellungen,
die das Ausüben von Reichsämtern bei feierlichen Hoftagen bestimmten. Die
einzelnen Konventionen besaßen verbindlichen Rechtsstatus. Es bedurfte dazu
neuer Rechtssetzung, um eine Ausnahme zuzulassen, auch wenn die bisherigen

5 Zum Autor Przibico Pulkava de Radenino vgl. Rep. Font., Bd. 9, S. 365f.
6 Pulkavae Chronicon Bohemiae, ed. Emler, S. 254f.: Lfzrde ad 7??a/'oren? M/s RoznHzioz'MZZ! /ozdaz??
dz'chzs Rer Boeztzz'e z'zr regal; co7vzra Rozzzazzo Re/ p7'ed;'cto z'zz pz'zzcez'zzatHS o/'cz'o zzzznz'sfrauz't, Beet zzozz
fezzerehtz* de jM7*e. Mw? Rer Boezzzz'e sz'zzzpiz'cz'fez' zztpz'z'zzceps Eiector zzozz 7'egaidzMS z'zzsz'gzzz'tMS z'zz solezzzzzz's
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Zzzzjzzszzzodz Tzzzdzz'sfeT'z'z' Boezzzze Re/dzzs zzozz delzeat pz*e/;d;'czMzzz gezzeraz'e, czzzzz ezzzzz Rer Boezzzz'e zzozz
yecezdt er dedz'to, sed azzzoz'e szzz soz^ozi';', ciaz*e Ezzjzzszzzodz tezzoz* iz'tez'e zzzazzi/estat.
7 1298 Nov. 17: FRB, ed. Emler, Bd. 2, Nr. 1821; dazu HESSEL, Jahrbücher unter König Albrecht I.,
S. 70; BEGERT, Böhmen, die Kur und das Reich, S. 121f.
 
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