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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0016

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Historiker für das Bild eines .finsteren Mittelalters' Verantwortung tragen
würden: Durch die Auswahl und Schilderung spektakulärer Fälle und Bei-
spiele in ihren Analysen würden sie das populäre Bild des Mittelalters in
nicht unerheblichem Maß mitprägenA Der Blick soll daher im Folgenden
sowohl auf das allgemeine und unscheinbare als auch das besondere und
exzeptionelle der mittelalterlichen Gewaltdarstellungen gelegt werden.
Als Untersuchungsobjekt bietet sich das spätmittelalterliche Frankreich
an. da diese Zeit als besonders von Gewalt geprägt giltA Zwischen 1350 und
1450 kulminierten in relativer zeitlicher Dichte verschiedene Konflikte in
gewalttätigen Auseinandersetzungen. Der Streit um den englischen Lehns-
besitz auf französischem Boden schwelte schon Jahrhunderte, erreichte aber
durch die dynastische Krise des französischen Königtums einen Höhepunkt:
Mit dem Tod Karls IV.. der 1328 ohne männlichen Erben als letzter Sohn
Philipps IV. (+ 1314) gestorben war. waren die Kapetinger in direkter männli-
cher Linie ausgestorben. Die Erbfolge über die weibliche Linie schloss man
aus - auch um die Ansprüche des englischen Königs Edward III. abzuweh-
ren. Stattdessen sicherte sich der Graf von Valois als König Philipp VI. die
Herrschaft. Edward III. nutzte 1337/40 seine Ansprüche auf den französi-
schen Thron, um in einen Konflikt zwischen Frankreich und Flandern ein-
greifen zu können: Damit begann der sogenannte Hundertjährige Krieg, der
eher durch zähe Belagerungen als durch entscheidende Schlachten geprägt
war A Berühmt wurden auch die englischen c/teuaMcMes: schnelle, auf Zerstö-
rung der gegnerischen Ressourcen angelegte Militärkampagnen, mit denen
insbesondere Edward III. und sein Sohn, der .schwarze Prinz', im 14. Jahr-
hundert den Norden und Südwesten Frankreichs verwüsteten.
Neben der direkt kriegsbedingten Gewalt entfalteten unkontrolliert plün-
dernde Söldnergruppen eine verheerende Wirkung, so dass der König der
Landbevölkerung schon 1355 den eigenmächtigen Widerstand erlaubteA
Dessen Bandbreite reichte von spontaner Selbstverteidigung bis hin zu orga-
nisierten Gegenangriffen. Neben dem Hundertjährigen Krieg, der immer
wieder durch längere Waffenruhen unterbrochen wurde, wurde im Nord-
westen Frankreichs 1341 bis 1364 der Bretonische Erbfolgekrieg ausgetragen,
der dem englischen und französischen König als Stellvertreterkrieg diente.
Durch die finanziellen und strukturellen Belastungen der Kriege wurden
zudem indirekt Aufstände ausgelöst: 1357 bis 1358 in Paris unter Etienne
Marcel sowie gleichzeitig die berühmt-berüchtigte im Beauvaisis.

22 Gauvard, Grace especial. S. 2.
22 Contamine. Guerre et l'Etat. S. 64-74; Wright. Knights. S. 2f.; Contamine. Vie. S. 153f.
24 Kortüm. Kriege. S. 179; Auer. Kriegswesen. S. 75. Zum Hundertjährigen Krieg siehe generell
die monumentale Darstellung von Sumption (bisher sind drei Bände erschienen): Sumption.
Trial by battle; Sumption. Trial by fire; Sumption. Divided houses. Einen diplomatie-
geschichtlich orientierten Überblick bietet Curry. Hundred Years War. Siehe auch die konzise
Darstellung von Ehlers. Hundertjährige Krieg.
22 Ordonnances. Bd. 3. S. 35f. (§ 30) und S. 139 (§37). Vgl. Roch. Guerres. S. 48f.; Wright. Knights.
S. 84f.; Fourquin. Anatomy. S. 125; d'Avout. Meurtre. S. 192.
 
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