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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0108

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41 Städtisch-problematisierend

107

für alle anderen Plünderer töten sollen, denn es waren nichts als
elende Menschen, Diebe und Landstreicher, denen man freien Abzug
gewährte! "9
Niemand habe es gewagt die Plünderer zu bestrafen. Auch in St-Germain-
des-Pres habe man nachts einige Plünderer festgenommen, diese aber alsbald
für unschuldig erklärt und laufen lassen - „Die Leichtigkeit dieser Straflosig-
keit war ihnen und ihresgleichen dann ein Anreiz, ebenso fortzufahren.""'
Gerüchte machten die Runde, Angst regierte."" Lebhaft schildert der BoMrgeozs,
wie nach der Einnahme von Pontoise durch die Engländer im Juli 1419 Hun-
derte elend aussehende Flüchtlinge nach Paris kamen und von den Gräuelta-
ten der Engländer berichteten."^ Gewalt wurde aus städtischer Sicht kaum
übergreifend als natürlicher Bestandteil der irdischen Ordnung thematisiert,
sondern mit Blick auf die zeitgenössische Situation vielmehr temporär prob-
lematisiert.^ Entsprechend ließen sich Verantwortliche benennen.

Kritik und Streit um die ,richtige' Gewalt
Eindeutige Schuldzuweisungen an das Rittertum seitens der Bevölkerung
kamen direkt nach der Schlacht von Poitiers auf.'" Während das bereits 1357
entstandene Tragzcum Argumentum de mzseraMz sfahz regnz Fnmde die Schuld
für das Desaster noch auf alle gesellschaftlichen Gruppen verteilte,"^ machte
die Comptamfe snr Zzz LzLnBe de Pozfzers allein das Rittertum verantwortlich,^
das, so Etienne Marcel 1358, mehr „böse denn edel""? sei. Das Grundmuster
dieser Kritik setzt sich bis ins 15. Jahrhundert fort, wobei den Rittern am häu-

9 QM; sZaZZw ^Mod/McrMMZ H MosZrZs fOMgcndti cZ dZwZssZ, ad prgcdHMdMW Z;ow;'Mcs cZ spoZZgMdMW, sZcMZ
prZ;;s, uaZZidc ;'Mcoepen;MZ. Min; res.' Q;;os MosZrZ dcZwisscui ZuZer/edsse ad cxcmpZMW aZZorMW praedo-
MMW, CMW MOM csscui M;'s; Z;ow;'Mcs wZscr; eZ ZaZroMcs ac rZZwZdZ, ZZZos ZaZcs aZwc ZZZvrc pcrwZscrMMZ.
Chronique dite de Jean de Venette, S. 264-266. Die Episode bezieht sich auf die Belagerung ei-
ner Burg bei Corbeil durch Jean IV. de Chalon, Graf von Auxerre, im Dezember 1363; vgl. ebd.,
S. 438, Fußnoten 29 und 30.
i° MinZomiMMS ZaweM Zu cos MZirix WMMMS ZMZeM&ZwZ. J...J New MMH MocZc HMdZuZ ^;;od ParZsiMS, Zw s;;Z;-
MrZ;;'o SancZi CcrwHM; de PraZZMS, dMW dormiroMi ZzomZwes, HZZcMZarMMZ aZZ^MZ praedowes, ^;;Z ZMMe ParZ-
sZ;;s CMW dominis SMZs aderHMZ, aZZ^MH ZzospZZZa eZ eorMW Z;ZMH/MrZ;'ue depraedauZ. Q;;Z perecepZi aZ^Me uZo-
ZewZer eapZ; eZ Zu CasZeZZeZo posZZZ, cxcMSHZZ Zandern ueZMd ZnnoeenZes, aZ;s^;;e aZZ^MH poena s;;ae reddZZZ
SMnZ ZZZvrZaZZ; eZ ZZa ex JäeZZZZaZe uenZae ZneenZZuMW Z;aZ;Men;MZ MnaeMW aZZZs awpZZMS deZZM^MendMW.
Chronique dite de Jean de Venette, S. 284.
11 Siehe dazu: Challet, Mundare et auferre, Bd. 1, S. 19. Generell zur Rolle von Gerüchten: Hablot,
Rumeurs; Gauvard, Rumeur [2000]; Gauvard, Rumeur [1994].
12 Journal d un Bourgeois, S. 144-146 (§ 256).
12 Zur ,Normalität' der Kriminalität siehe Gauvard, Grace especial, S. 935-941.
i4 Froissart, Chroniques (SHF), Bd. 5, S. 71 (1,400); Chronique dite de Jean de Venette, S. 178. Siehe
dazu: Hiestand, Weh dem Reich; mit breiterem Fokus auf Königtum und Adel: Kaeuper, War,
S. 170-183, 297-315, 372-380; Barnie, War, S. 32-55; mit Blick ausschließlich auf England: Saul,
Chivalry, S. 128-134.
12 Vernet, Tragicum argumentum, S. 131-163.
12 Beaurepaire, Complainte, S. 260-263.
12 Co goniiZz i;ommos tpd sonZ pZ;;s uZZZaZn tp;c goMÜZ. Brief Etienne Marcels, 11.07.1358, Perrens,
Etienne Marcel [1860], S. 407.
 
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