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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0118

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41 Städtisch-problematisierend

117

sein.64 Sogar in den Mirakelberichten des Hl. Martial fanden sie ihren Nieder-
schlag.^
Auch wenn die Übel als Strafe Gottes angesehen wurden^ suchte man
nach irdischen Lösungen. Clement de Fauquembergue, der Schreiber des
Pariser ParZemenp notierte, wie man 1417/18 mit dem Preuof des mardiands und
Pariser Bürgern Probleme der Nahrungsmittelversorgung besprochen habe
und schließlich beschloss, ca. 400 Krieger zum Schutz der Händler abzustel-
lenA Verschiedene Chroniken erwähnen diese Maßnahme ebenfalls und be-
richten, wie Händler durch bewaffnete Begleiter geschützt wurden, was wie-
derum die Preise der Güter weiter in die Höhe trieb.^

Handlungsmuster und Handlungsspielräume
Die Bereitstellung von Eskorten war wie die Instandsetzung von städtischen
Wehranlagen oder die Verstärkung der Wache eine defensive Verteidi-
gungsmaßnahme, mit der man sich auf einen möglichen Angriff vorbereitete.
Einen Einblick, wie weit diese Sicherheitsvorkehrungen gingen, bieten die
Bestimmungen einer Ordonnanz von 1355 für Poitiers: Es durften nur drei
Stadttore geöffnet werden (§ 1), die durch je zehn Wächter bewacht wurden
(§ 2), alle Bürger und Kleriker sollten sich bewaffnen (§ 7-8), Löschwasser vor
jeder Tür gelagert werden (§ 9) und die Stadtmauern baulich ausgebessert
werden (§12)A Auf dem Land fanden diese Bestimmungen ihre Entspre-
chung in Kirchen, die zu Festungen umgebaut wurden/"
Als Ziel sowohl organisierter Belagerungen als auch spontaner Überfälle
mussten Städte sich schützen/' Aus ihrem Selbstverständnis als uzPes
heraus waren französische Städte stark auf das Königtum ausgerichtet und
hofften auf dessen Hilfe/^ der König aber hatte schlicht nicht die Mittel, alle

64 Ordonnances, Bd. 1, S. 608f. (Ludwig X., 1315), 636f. (Philipp V., 1317); Bd. 2, S. 598 (Johann II.,
1350); Bd. 13, S. 306-313 (Karl VII., 1439). Siehe auch ebd., Bd. 11, S. 156f. (Heinrich V., 1422).
65 Pierre Poyaud wurde seiner Handelsware beraubt, bat den Heiligen um Hilfe und bekam
schließlich seine Güter zurück, vgl. Lemaitre, Miracles, S. 119f. (Nr. 36).
66 Vernet, Tragicum argumentum, S. 144 (§ 8) und 157 (§ 19).
67 Journal de Fauquembergue, Bd. 1, S. 45 und 186. Schon 1361 hatte Johann II. den Bewohnern
von Aire-sur-la-Lys (Dep. Pas-de-Calais) das Privileg bestätigt, sich auf Handelsreisen durch
Bewaffnung selbst zu schützen, Ordonnances, Bd. 3, S. 509f. (Johann II., 1361).
66 Chronique des quatre premiers Valois, S. 235; Chronique du Religieux, Bd. 4, S. 478; Journal
d'un Bourgeois, S. 149 (§ 261) und 249f. (§ 495).
6'' Ordonnances, Bd. 4, S. 168-170 (Johann II., 1355).
70 Chronique dite de Jean de Venette, S. 196 und 228-232; Chronique du Religieux, Bd. 4, S. 442-
444 und 448; Bd. 5, S. 582. Vgl. dazu Roch, Guerres, S. 49; Wright, French peasants, S. 39f.
74 Die Bedrohungssituation für eine Stadt untersuchte Solon, Tholosanna Fides, beispielhaft an
Toulouse; Favreau, La Rochelle, nahm diejenige von La Rochelle näher in den Blick; Jones, For-
tifications untersuchte die städtischen Befestigungsanlagen von Lisieux, Clauzel, Lille diejeni-
gen von Lille; Salamagne, Defense diejenigen von flämischen Städten um 1477. Siehe auch Zei-
linger, Lebensformen, S. 47-72, am Beispiel Nürnbergs.
77 Contamine, Guerre, Etat et Societe [2005], S. 127; Solon, Tholosanna Fides, S. 265f. Zu den
FoMMes N&'s siehe Chevalier, Bonnes villes [2011]; Small, Late medieval France, S. 185-196 und
200-210; Ehlers, Geschichte Frankreichs, S. 193-196; Chevalier, Pouvoir; Chevalier, Bonnes vil-
les [1995].
 
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