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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0128

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51 Intellektuell-reflektierend

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nicht gehorcht werde^ und die Feststellung, dass ihr Fehlen die Ursache allen
Übels sei,33 wurden so zum Sinnbild für die Inversion der rechtmäßigen Ord-
nung: „Statt Recht herrscht Unrecht'^, so Jean Juvenal. Da die Durchsetzung
der Gerechtigkeit nicht mehr gewährleistet war, erschien der Zusammenhalt
des Königreiches gefährdet. Die Ausübung von Gewalt an sich war wiederum
nicht das primäre Problem, sondern nur ein Symptom, das sich auf zwei ver-
schiedenen Ebenen zeigte: Zum einen in Form unrechtmäßiger Gewaltaus-
übung, zum anderen als mangelnde Durchsetzungsfähigkeit der Obrigkeit.
Gewalt wurde in beiden Fällen als Mittel gedacht, nicht als eigenständiges
Phänomen.

Pragmatismus
Ging es um konkrete Fälle von Gewaltausübung, zeigten sich die Intellektuel-
len jenseits aller Theorie äußerst pragmatisch. Mehrere Autoren betonten,
dass z. B. das Wagnis einer Schlacht wohl bedacht sein müsse. Entgegen rit-
terlicher Begeisterung sollte der Herrscher um die große Gefahr wissen, die
eine Schlacht darstellte. Fehler, die ihren Lauf nahmen, wenn die Gewalt einer
Schlacht erst einmal entfesselt war, könnten später nicht korrigiert werden,
mahnte Jean Juverta! A Abgesehen von den tatsächlichen Verlusten, betonte
Philippe de Commynes, demoralisiere ein verlorener Kampf das ganze Heer
und könne zu großem Missmut führen. Jeder Fürst sollte sich also besser da-
vor hüten, seine Machtstellung dem Zufall einer Schlacht zu überlassenA
Auch Basin gestand trotz seiner ätzenden Kritik am Frieden von Picquigny
1475 zu, dass Schlachten wegen ihres ungewissen Ausgangs zu Recht allge-
mein vermieden würden A Hier wurde politisches Kalkül zum Maßstab des
Handelns erhoben, nicht ein ständischer Verhaltenscodex. Schlachten erfüll-

32 EI anss; jMsidv n't/ csioii rndicwcni odü/r. Monstrelet, Chronique, Bd. 3, S. 248; siehe auch ebd.,
S. 161.
33 Ei wcscdicz, (?Mtdx prrdx, (?Mtd doMMcnr, iMcomvM&MS, rriwcs rt prcdicz sowi
WMMS de ce, u&MMCMi ei ucwroMi, coMsidrra per ce; ia CHMse prindpai dn tont ee t?Me dii esi, esi de/dMi de
jMsiiee. Nicolas de Baye, Journal, Bd. 1, S. 333.
34 Mais MOMS auoMS ponr jMsiiee uioieMce. Juvenal des Ursins, Ecrits, Bd. 1, S. 311 (Eo^nar in irdnda-
cioMe).
33 Ees edoses tpd sey?Mi per daiadics se doiueMi eoMdMhe per raison ei woMr consod, car MMe erreMr ^ni se
eowweMee per uioionco de daiadio Me se peMi awondor OM roparor. Juvenal des Ursins, Ecrits, Bd. 2,
S. 236 (Vorda weg).
33 Mais a ^ni ^Me ee soii esi dien de craindro de weiire son osiai en dasari d'MMe daiadio, ^Me s'en pe:di
passor; car ponr pciii de nowdre de gens t?Me Eon i/ peri, si WMcni edes ies eoMraiges des gens ddeedMi/
tpu' peri ipiHSJ tpA rdesi a croirc. Philippe de Commynes, Memoires; Bd. l,100f. (11,2), siehe auch
ebd., S. 18-20 (1,3), 55 (1,8), 58 (1,9), 113f. (11,4). Ähnlich bei Vegetius, Epitoma rei militaris,
S. 137f. (111,9,19-20); in der Übersetzung Jeans de Meun (1284): L'art de chevalerie, S. 98f.; in der
Übersetzung Jeans de Vigany (1320): Li livres Flave Vegece, S. 84; in einer anonymen Überset-
zung von 1380: Le Livre de l'art de chevalerie, S. 101.
32 UirdyMO parciMw^issc uidoiMr, CMW ads^nc amdigno scwpcr^MC ancipiii ci perienioso ccriawinc, arwis
Mtrim^MO adsicniMW SMMi ci ad cis^nc disccssMW. Basin, Louis XI, Bd. 2, S. 240.
 
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