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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0193

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192

IVI Problematisierungen

blieben; er aber habe „ohne Grund und Berechtigung"^- gegen den König
von Frankreich die Waffen ergriffen, geraubt und geplündert. Da er kein dud/
de gnerre, das heißt kein souveräner und damit kriegsfähiger Fürst sei, habe er
keinen formellen Krieg gegen den König führen können, sondern durch sein
Handeln Verrat begangen. Als Verräter, Dieb, Mörder und Brandstifter habe
er es verdient, hingerichtet zu werden, „damit man sich immer daran erinne-
re und er allen anderen als Beispiel diene.Am 12. Juli 1391 wurde Merigot
Marches zum Richtplatz bei Les Hades geführt und dort öffentlich als Verräter
hingerichtet3i5 (siehe dazu auch S. 328f.).
Unter zunehmendem militärischem Druck, der erst durch den Waffenstill-
stand möglich geworden war, lösten sich die Gruppen der roMÜers um 1390
auf. Sie kehrten entweder in ihre Herkunftsgebiete zurück, hier vor allem die
Gascogne, oder gingen auf der Suche nach neuen Kriegen nach ItahenT'6 Der
König konnte damit die Hoheit über den Krieg vorerst wieder an sich brin-
gen, wofür die Hinrichtung Marches zum sichtbaren Exempel wurde - und
als solches wirkte sie tatsächlich: Für Jean Froissart war Marches das Sinnbild
eines fähigen Kriegers, der aber, weil er seine Fähigkeiten nicht durch Tugend
habe leiten lassen, ein schlechtes Ende genommen habeA? Der historischen
Forschung dient Marches wiederum als Paradebeispiel für die feine Trennli-
nie zwischen akzeptierter und verdammenswerter Gewalt. Im Prozess argu-
mentierten beide Seiten mit denselben Taten, die für Marches Mittel legitimer
Kriegsführung waren, für die französische Krone jedoch Verrate Die Schei-
delinie war die Frage der Legitimität, nicht die Art oder das Ausmaß der Ge-
walt. Die wiederholte Hervorhebung des Leids der Bevölkerung ist in dieser
Hinsicht der erzählerischen Dramaturgie geschuldet, die ihre Umsetzung
folglich in der Chronik Froissarts und nicht etwa im Regisbr cnmind findet.

Die Ecordicurs (ca. 1435-1445)
Die letzte und vielleicht heftigste Welle irregulärer Plünderungen folgte ei-
nem ähnlichen Muster. Durch den beginnenden Bürgerkrieg wurden seit 1405

Fes reMhons & desolvissances per & commises confre iesdü roi/s & France & d'FMg/eferre,
pd/eries, rolvries & depredacions ^nejädes a par sa^ree & onhrage, sanz canse & raisons, confre /e roi/
nosfre sire & ses snügefs. Ebd., Bd. 2, S. 206.
314 De/dierenf &/MreMf PoppinioM tpFd esfod fres^orf fradre dndd seignenr & & son roi/anwe, & MM fres-
Jbrf /arrin, WMrdrier & Monier de Jena, & (?Me comme fei, d auod desseru; a esfre execnde so/empne/weMf,
ponr ce ^n'd esf noldes dows & de noNe dgniee; & a/in ^n'd en sod perpefne/ memoire, & ^ne Ions
andres i/ preignenf exewp/e. Ebd., Bd. 2, S. 207f. Bezeichnenderweise schildert Froissart die Hin-
richtung als besonders „schändlich" für Marches, Froissart, Chroniques (liv. III & IV), S. 512
(IV,14).
315 Registre criminel, Bd. 2, S. 208; Froissart, Chroniques (liv. III & IV), S. 512f. (IV,14). Vgl. auch
Sumption, Divided houses, S. 720f.
316 Sumption, Divided houses, S. 721f.
317 Car, se Ai/merigof enisf fonrne ses nsages ei ses argns en donnes uerfns, d esfod don dowwe d'armes de
Jä;7 ei d'ewprise ponr wond uadoir; ei ponr ce tpie d/;'sf iond /e confraire, d en uinf a wa/e/in. Froiss-
art, Oeuvres, Bd. 14, S. 212.
318 Siehe die Analysen des Prozesses bei Sumption, Divided houses, S. 773; Kaeuper, War, S. 85;
Cuttier, Faw, S. 33f.; Keen, Faws, S. 97-100.
 
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