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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0271

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270

IVI Problematisierungen

wohnern aber andererseits in dieser speziellen Situation Verständnis entge-
gen brachte .239
Die eigentlich mit dem Namen Tuc/nns verknüpfte Erhebung fand seit
1380 im Languedoc statt und richtete sich sowohl gegen Plünderungen als
auch gegen Steuerforderungen. Damit erregte sie deutlich stärker als die Un-
ruhen in der Auvergne die Aufmerksamkeit der Obrigkeit in ParisA'-' Nach
Challet lebten die Städte in ständiger Bedrohung, einem „Klima der Psycho-
se"29i gleich. Die Obrigkeit bot keinerlei Hilfe, sondern wurde nur Urheber
unliebsamer Steuerforderungen wahrgenommen. So kam es immer wieder zu
Reaktionen spontaner Selbstverteidigung: In Montpellier wurden 1379 mehr
als 80 Steuereintreiber getötet und auch in anderen Städten kam es in den
folgenden Jahren zu Aufständen.^
Jean de Berry, der nach dem Tod Karls V. 1380 bereits zum zweiten Mal
üeMfemuü general des Languedoc wurde, mag das Seine zur Verschärfung der
Situation beigetragen haben: Enorme Steuerforderungen sowie unzählige von
ihm eingesetzte Garnisonen belasteten die Bevölkerung zusätzlich.^ Gegen
seine Regentschaft bildeten sich wiederholt temporäre Allianzen zwischen
Stadt- und Landbevölkerung. So schlossen sich die Einwohner von Nimes im
November 1381 mit den Tuc/ims zusammen, um gegen einige das Land ver-
heerende Truppen Berrys vorzugehen. Der Kampf endete zwar mit einer
deutlichen Niederlage der Tuc/ims, zeigt aber dennoch ihre Lähigkeit, sich
kurzfristig zu größeren Gruppen zusammenzuschließen.
Generell jedoch vermieden die Tuc/ims offene Konfrontationen und be-
schränkten sich eher auf Angriffe auf kleinere Gruppen aus dem Hinterhalt
heraus 394 Nach Jahren des zermürbenden Kleinkriegs kam es 1382 zu Ver-
handlungen, die erneut die lokale und keineswegs anti-adlige Stoßrichtung
der Aufstandsbewegung zeigen: Die Tuclüns forderten von Berry eine Begna-
digung ihrer Taten, die Zusage, dass sie in Zukunft nicht juristisch dafür be-
langt werden würden sowie die Abschaffung der Satzsteuer.295 Der Herzog
erfüllte die Lorderungen 1383 schließlich für die Zahlung von 800 000 yhmes,
womit das Ende der Tuc/nns eingeleitet wurde: In dem Maß, in dem Berry die
Städte für sich gewinnen konnte, schwächte er damit zugleich die Position
der TMdüns.296 Deren Rückhalt schwand, und so wurden diejenigen, die sich

289 Challet, Mundare et auferre, Bd. 1, S. 139.
290 ygi challet, Mouvement, S. 20-22; Wright, Knights, S. 85f.; Mollat, Tuchins.
291 BLn &s dfrs uiuruf eins; &MS 1a iMMh'sr d'MMr hainsoM tpu Nurrndf 1a placr a &s HgrrssrMrs rhHMgrrs
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O'oMS sporad^Mrs d'HMlrdrfrMsr drshurrs a profrgrr Ir Ivfail rf Irs I?owwrs &s drprr&h'oMS oprrrrs per
Irs roMh'rrs. Challet, Mundare et aulerre, Bd. 1, S. 19.
292 Zum Aufstand in Montpellier siehe Chronique des regnes, Bd. 2, S. 368f.; Chronique des
quatre premiers Valois, S. 281. Generell: Challet, Mundare et auferre, Bd. 1, S. 79; Mollat, Tu-
chins.
293 Zum Folgenden siehe Challet, La revolte, S. 105-108, sowie Challet, Tuchinat, §9.
294 Challet, La revolte, S. 104; Charbonnier, Qui furent les Tuchins?, S. 239.
295 Challet, Mouvement, S. 27f.
296 Challet, Mundare et auferre, Bd. 1, S. 23f.
 
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