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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0286

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31 Formen interpersoneller Gewalt

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ähnlichen Textil-Rüstung aus Leinen (Gambeson). Als beendet galt der
Kampf, wenn einer der Teilnehmer sein Unrecht zugab oder aber - tot oder
lebendig - aus dem Feld getragen werden musste. Der Sieger wurde dann
formell vom Gerichtsherrn festgestellt. Es war jedoch durchaus üblich, dass
sich die Kombattanten noch vor dem Kampf auf eine gewaltfreie Lösung ei-
nigten T Auch musste längst nicht jeder Zweikampf mit dem Tod enden: Es
reichte, je nach Vereinbarung, einen Sieger zu finden; der Verlierer konnte
durch Geld- oder Körperstrafen, oder mit Verbannung bestraft wurde.^
Schon früh versuchten jedoch sowohl die Kirche als auch die weltliche Obrig-
keit die Praxis der Zweikämpfe zu beschränkend Die auf Symmetrie zielende
Anlage der Zweikämpfe entsprang ihrer Tradition als gerichtliches Beweis-
mittel. Letztlich wandelte sich jedoch ihr Charakter hin zu Ehrenkämpfen
unter Adligen, in denen es primär um Tapferkeit und Ehrenhaftigkeit ging.

Gerichtliche Zweikämpfe
Für die Geschichte des Zweikampfs im spätmittelalterlichen Frankreich ist
eine Ordonnanz Philipps des Schönen von 1306 entscheidend.^ Zuvor waren
1296 und 1304 Zweikämpfe noch dezidiert verboten worden.^ Philipp aber
sah sich zu einer Neuregelung veranlasst, weil Verbrechen, „wenn sie ver-
deckt und versteckt begangen wurden, nicht durch Zeugen überführt werden
konnten."46 Folgt man dieser Argumentation, führte das vorherige Verbot von
Duellen dazu, dass Verbrechen, für die es keine Zeugen gab, schlicht nicht
aufklärbar waren. Während man früher einen Verdächtigen zum Duell her-
ausfordern konnte, war nun jede Sühne unmöglich geworden. Das Verbot des
Zweikampfs als Mittel der Konfliktlösung und Rechtsfindung hätte damit
dann eine - modern gesprochen - niedrige Aufklärungsrate bei Verbrechen
nach sich gezogen, die Philipp durch die Neuregelung verbessern wollte.
Gleichzeitig darf man auch vermuten, dass der Adel den König zur Wieder-

41 Chabas, Duel, S. 86-95. Zum Verfahren des Duells als juristischer Zweikampf siehe Neumann,
Zweikampf, S. 88-91. Zu Versöhnungsgesten in Duellen: Oschema, Toucher.
42 Chabas, Duel, S. 97-101.
42 Ebd., S. 17f.; Kaeuper, War, S. 199-211. Zur kirchlichen Position siehe Neumann, Zweikampf,
S. 66-75; Dinzelbacher, Das fremde Mittelalter, S. 81-84; Vale, Violence, S. 152-154; Kaeuper,
Chivalry and violence, S. 80f.
44 Das Original der Ordonnanz ist verloren, sie ist jedoch in verschiedenen Heroldskompendien
überliefert. Eine Edition befindet sich in den: Ordonnances, Bd. 1, S. 435-441 (Philipp IV.,
1306). Zur Entstehung: Telliez, Preuves. Zur Uberlieferungsgeschichte: Hiltmann, Herolds-
kompen-dien, S. 300-331. Zur zeitgenössischen Rezeption: Chabas, Duel, S. 117-122. Zu wider-
sprüch-lichen Aussagen in verschiedenen Rechtstexten des 13. und 14. Jahrhunderts, ebd.,
S. 122-124. Als genereller Überblick über die Praxis im 14. Jahrhundert: Muhlberger, Deeds of
arms, S. 48-58; Carbonnieres, La procedure, S. 508-514. Zur Bedeutung der Herolde: Hilt-
mann/Israel, Laissez-les aller.
45 Ordonnances, Bd. 1, S. 328 (Philipp IV., 1296), S. 390 (Philipp IV., 1304).
45 (...) p/MsicMrs WHi/HicfcMrs sc so?ü aduHMcez pgr^rce de LMrs corps, CMgiws, d^dre domddde,
fnddsoMS, & foMS HMües mdtyLes, gn'e/s & exces, poMr ce (?MHMd d Ls HuoieMf coMuerLmeMf & ew
reposf, ds ne poMuoL?d esüe coMuducMS per Lsmoins, dowf per dus; L madydv dewcMrod iwpMMi.
Ebd., Bd. 1, S. 436 (Philipp IV., 1306).
 
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