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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0299

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298

IVI Problematisierungen

Der Kampf um politischen Einfluss wurde so über die Person des Königs
ausgefochten, den die Fürsten jeweils für ihre eigenen Zwecke instrumentali-
sierten. Nach dem Tod des burgundischen Herzogs Philipps des Kühnen 1404
gewann Ludwig im Regentschaftsrat die Oberhand. Der neue burgundische
Herzog, Johann Ohnefurcht, musste sich zunächst aus Paris zurückziehen.
Schon 1405 aber zog er mit bewaffnetem Gefolge drohend vor die Stadtmau-
ern von Paris.i3o Der Streit um die Führung der Regentschaft verhärtete sich
und die Quellen betonen immer wieder den „unauslöschbarem Hass"^ der
Fürsten aufeinander. Michel Pintoin orakelte, dass „jeder wusste, dass diese
Streihgkeiten nur mit dem Leben von einem von beiden enden würden."^
Als Ludwig am Abend des 23. Novembers 1407 von einem Treffen mit der
Königin nach Hause ritt, geriet er in einen Hinterhalt und wurde getötet. Die
Attentäter steckten ein Haus in Brand, um ihre Flucht zu decken, die sie al-
lerdings leichtsinnigerweise nicht aus der Stadt hinaus, sondern direkt in die
Residenz des Herzogs von Burgund führte. Der Anführer der Gruppe, Raoul
d'Anquetonviüe, ist durch zwei Prozesse vor dem Parlament belegt, durch die
er offenbar in Geldnot gekommen warA'3 Er fand jedoch einen Posten in der
burgundischen Finanzverwaltung. Für seine früheren Probleme machte er
jedoch den Herzog von Orleans verantwortlich.^ Pintoin berichtet, Raoul
habe sich Johann Ohnefurcht sogar als Mörder angeboten: Da er „dem Her-
zog [von Orleans, CM] öffentlich nicht schaden konnte"^, das heißt, keine
Fehde gegen ihn führen konnte, plante er einen Hinterhalt. Schon vor dem
Mord bekam er Geld vom burgundischen Herzog, bis 1409 folgten weitere
hohe Summen.^
In Paris führte der Pravot nach dem Mord eine Untersuchung durch und
so war es nur eine Frage der Zeit, bis die Rohe Johanns Ohnefurcht öffentlich
werden würdet? Ehe er nun offiziell überführt werden konnte, eröffnete
Johann einigen Fürsten von sich aus, dass der Teufel ihn angestiftet habe,
dieses Verbrechen in Auftrag zu gebend Aber auch das war auf Dauer keine
gute Verhandlungsgrundlage und Johann entschied sich bald, Paris in Rich-
tung seiner eigenen Länder zu verlassen.
Die Anhänger Ludwigs von Orleans versuchten nun, Johann Ohnefurcht
zur Rechenschaft zu ziehen. Dieser leugnete nicht, den Mord in Auftrag ge-

Minois, Couteau, S. 58.
OiÜHW Chronique du Religieux, Bd. 3, S. 730.
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sopärs prosHgidaMf cos pcrpdMO sic WHMSMros, &woc MMMS o uiuoMdMm inodio foPordMr. Ebd., Bd. 3,
S. 732.
133 Mi rot, Raoul d'Anquetonville.
334 Minois, Couteau, S. 59.
335 ProdidoMom igÜMr possimo adM ac pojoro oxompio HggrossMS, CMW pdaw siN Moccri MOM possd, cow-
püccs üdpdssimos s;h; siwiics ^Mcrcws, Jäda conspirccionc. Chronique du Religieux, Bd. 3, S. 734.
335 Raoul blieb nach dem Attentat bis zu seinem Tod um 1413 in Brügge in burgundischen Diens-
ten. Schnerb, Armagnacs, S. 97; Guenee, Meurtre, S. 185; Vaughan, John, S. 48.
332 Siehe Raymond, Enquete.
338 Chronique du Religieux, Bd. 3, S. 740. Siehe dazu Minois, Couteau, S. 57.
 
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