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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0301

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300

IVI Problematisierungen

mit einer Replik zu Wort meldete, in der er Petits Theorie als Gefahr für die
öffentliche Ordnung darstellte, weil sie zu Rebellion und Mord aufrufeW
Während auf akademischer Ebene mit Worten gestritten wurde, schritten
die Fürsten weiter zur Tat: Die Vertreibung der Burgunder nach dem Ende
der C%&odne7is 1413 wurde durch die Massaker von 1418 gerächt, bei denen
auch Graf Bernard VII. von Armagnac getötet wurde3^ Erneut war die anti-
burgundische Partei ohne klare Führungsfigur, ein Rolle, die aber bald der
Dauphin Karl (VII.) einnahm. Spätestens nach der Schlacht von Azincourt
1415 stellten auch die Engländer wieder einen Faktor dar, mit dem in der
innerfranzösischen Politik gerechnet werden musste. Aus Sorge um ein
anglo-burgundisches Bündnis näherte sich der Dauphin den Bourguignons
an und auf zwei Treffen im Juni und Juli 1419 wurde ein Bündnis vorberei-
tet.^ Am 10. September folgte ein drittes Treffen in Montereau-Fault-Yonne
(Dep Seine-et-Marne). Aus Sicherheitsgründen hatte man vereinbart, dass
beide Fürsten mit nur zehn Mann Begleitung erscheinen sollten. Zudem war
die Brücke, auf der das Treffen stattfinden sollte, mit hölzernen Schranken
gesichert worden. Bald nachdem Johann Ohnefurcht diese durchquert und
sich vor den Dauphin gekniet hatte, wurde er von dessen Begleitern nieder-
geschlagen und ermordet.
Der Dauphin schrieb wenige Tage später in einem Rundbrief an die Städte
und Fürsten Frankreichs, dass der Herzog nach einem heftigen Wortwechsel
sein Schwert gezogen habe, um den Dauphin anzugreifen. Seine Begleiter
aber hätten ihn verteidigt und dabei den Herzog getötet.^" Dem Sohn des
Getöteten und neuen Herzog Burgunds schrieb der Dauphin sogar, Johann
habe ihn gefangen nehmen wollen, woraufhin er sich nur verteidigt habe.'"''
Zeugenbefragungen und semioffizielle Untersuchungen nach dem Tod Jo-
hanns aber ergaben einen anderen Ablauf, der dann vor allem von den Bour-
guignons verbreitet wurde: Als der Herzog vor dem Dauphin kniete, habe
dieser ein Zeichen gegeben, woraufhin Johann erschlagen wurdeW Mittler-

14? Gerson, Oeuvres, Bd. 10, S. 171-174 (Nr. 511: Ra?Mcfc coMfrc /es Vfi Asscrh'oMs). Für den Gesamt-
kontext der Pariser Synode siehe die ältere Edition: Gerson, Opera omnia, Bd. 5, Sp. 343-1010
(C;'rcc dcwifMO'oncwi proposhhoMcm JoHM. Peru;'). Siehe dazu Minois, Couteau, S. 98f.; Coville, Jean
Petit, S. 403-438. Zum Antwortcharakter der Rede Gersons auf Jean Petit, siehe ebd., S. 439-44;
zum öffentlichen Charakter der Diskussion siehe von Moos, Das Öffentliche, S. 46-74.
148 Schnerb, Armagnacs, S. 252.
149 Ebd., S. 265-267.
150 Der Brief ist ediert bei Monstrelet, Chronique, Bd. 3, S. 352-354. Ein Brief an Troyes mit leich-
ten Abweichungen ist ediert in den Memoires pour servir l'histoire, Bd. 1, S. 298f. Diese Versi-
on des Hergangs findet in der Chronistik jedoch kaum Widerhall, nur Juvenal des Ursins, His-
toire, S. 554f., erwähnt sie - jedoch explizit als einen von zwei möglichen Tathergängen.
i8i Der Brief ist ediert bei Beaucourt, Meurtre, S. 220-222, hier S. 221.
i87 Die meisten historiographischen Quellen schildern den Hergang auf diese Weise, nur mit
leichten Abweichungen. Erschlagen auf ein Zeichen des Dauphins: Chronique du Religieux,
Bd. 6, S. 374; Juvenal des Ursins, Histoire, S. 554; Monstrelet, Chronique, Bd. 3, S. 343f. Beto-
nung der Anwesenheit des Dauphins: Basin, Charles VII, Bd. 1, S. 72; Chastellain, Oeuvres,
Bd. 1, S. 32; Philippe de Commynes, Memoires, Bd. 1, S. 76 (1,13). Betonung des Eidbruchs des
Dauphins: Monstrelet, Chronique, Bd. 3, S. 342; Juvenal des Ursins, Ecrits, Bd. 1, S. 224f. (AMcüYc
cd;'); Chastellain, Oeuvres, Bd. 1, S. 22. Weitere Quellenverweise bei Vaughan, John, S. 275.
 
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