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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0382

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21 Körper und Körperlichkeit

381

Edward habe dann „aus Mitleid und Gnade" alle toten adligen Gegner in
einem Kloster in der Nähe bestatteten lassen."" Auch hier greift wieder das
typische Darstellungsprinzip, die Menge der Toten in der Anonymität zu
belassen und einige wenige Individuen hervorzuheben.'"" Die namenlose
Menge der Leichen nach einer Schlacht wurde zumeist in Massengräbern
bestattet, wie es Monstrelet für die Schlacht von Azincourt berichtet.""" Neben
hygienischen Erfordernissen entsprach dieser Umgang mit eigenen und geg-
nerischen Toten dem ritterlichen Ideal, seinen Gegner auch über den Tod
hinaus zu ehren.'""
Gegenüber diesem Ideal fungieren viele in Quellen geschilderte Handlun-
gen implizit oder explizit als Gegenbilder, da der als normal erachtete Um-
gang mit Leichen (aus verschiedenen Gründen) ausblieb. Am prägnantesten
lässt sich dies an der Praktik der königlichen Strafgewalt zeigen, die die Ver-
weigerung einer Beerdigung bewusst einsetzte, indem die Körper von ge-
richtlich Gehängten dauerhaft am Galgen hängen blieben. So berichtet der
Autor der dife de de Venehe, dass der Kopf Pierres de Sacquen-
ville in Rouen noch 1368, vier Jahre nach seiner Hinrichtung, auf gespießt zu
sehen war.'"" Auch Karl von Navarra bekam seinerseits erst 1357/58 die Er-
laubnis des Dauphins, seine normannischen Getreuen zu bestatten, die 1354
handstreichartig von Johann II. 1354 gehängt worden waren."""" Das letztge-
nannte Beispiel zeigt gleichzeitig, wie ausdauernd Angehörige und Freunde
sich um eine spätere Beerdigung bemühten, deren Bedeutung damit unter-
strichen wird.'"" Die Maßgabe des Dauphins, die Gehängten „ohne Feierlich-
keiten" zu beerdigen ignorierte Karl von Navarra freilich und gestaltete die

99 d dis rois dTMgieferre, CM CHMse & pde ef & grasce, foMS /es corps des gmMS seigMeMrs, tpd M
esfoieMf demoref, preMdre ef oster desMS ie ferre et porter eM MM moMHstere pries & M, t?Mi s'appeiie MoM-
teMßi, et ensepeiir er; seirde terre. Froissart, Chroniques ()iv. I & II), S. 589f. (1,286).
Mo (...) WMiti giii wiiites et Modiies ^MHwpiMriwi, et dii deiiatores MS^Me ad MMwerMW Vtd- et LXXWd
pMgMHMÖ'MW, ^Mi owMes ir; iiio deiio et eampo M*;ortHi JeeHerHrd. Chronique dite de Jean de Venette,
S. 292 (ad a. 1364). Pt/MreMt mors SMr ia piaee, & ses AMgiois, eMfiroM sä* ceMS dowwes de toMS estats,
eMtre ies^Meis i/ woMrMt ie kur d'Yore, SOM OMeie. Monstrelet, Chronique, Bd. 3, S. 110 (ad a. 1415).
Drastischer fällt die Beschreibung der Toten nach der Schlacht von Roosebeke 1382 bei Michel
Pintoin aus, wobei dies auch keine , gleichrangigen' adligen Gegner, sondern rebellierende
Flamen waren, Chronique du Religieux, Bd. 1, S. 218.
Mi Monstrelet, Chronique, Bd. 3, S. 122. Zu den in Azincourt Gefallenen siehe Bouzy, Morts.
M2 Prietzel, Tod, S. 82-85; Prietzel, Kriegführung, S. 129-133,137-145.
M3 CM/MS eapMt est uirga ididem H(/äMM!, CMMCtis eerMeMtidMS, MS(?MC iM dodierMMW diem. Chronique dite
de Jean de Venette, S. 282. Pierre de Sacquenville wurde nach der Schlacht von Cocherel 1364
als Berater Karls von Navarra in Rouen hingerichtet, siehe dazu ebd., S. 443, Fußnoten 69 und
70, sowie Cuttier, Law, S. 172f. Auch der Körper Jeans de Montaigu blieb nach dessen Hinrich-
tung 1409 drei Jahre am Galgen und wurde erst 1412 entfernt, vgl. Monstrelet, Chronique,
Bd. 2, S. 301; Chronique du Religieux, Bd. 4, S. 726. Einem Bruder Jeans, der bereits 1409 um
eine Erlaubnis zur Beerdigung bat, wurde diese verweigert: Monstrelet, Chronique, Bd. 2,
S. 48.
M4AMss; ies eorps desdiz deeapitez, d k? priere & re^Meste de Mostredit/r^ä come dit est, seroMt otte seMZ
soiewMitez & ki ok ii soMt, per Moz geMZ, & per eMiz dadiez d Mostredit/r^ poMr ^ sa uoieMte.
Brief des Dauphins Karl (V.), 13.12.1357, Recueil de pieces, S. 66f.
M5 Zur Solidarität über den Tod hinaus siehe Prietzel, Kriegführung, S. 145-150.
 
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