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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0412

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31 Ideal und Devianz

411

am Krieg teil, sondern wurden eher als unbewaffnet imaginiertW Auch lite-
rarische Texte scheinen diese Rollenbilder prinzipiell eingehalten zu haben:
Weibliche Gewaltausübung ergab sich hier fast ausschließlich aus Notwehr-
Situationen und wurde anhand männlicher Paradigmen beschrieben.^ Bei
ihrer Verurteilung durch das Gericht spielte die von Jeanne d'Arc ausgeübte
oder verantwortete Gewalt jedenfalls kaume eine Rolle: Lediglich in Artikel
sechs der Anklage wurde ihr vor geworfen, den Engländern im Namen Jesu
und Marias den Tod angedroht zu haben und daher grausam und blutrünstig
gewesen zu sein 4^

313.2 Gilles de Rais
In den Darstellungen Jeanne d'Arcs fällt die kontroverse Beurteilung ihres
übereinstimmend beschriebenen Agierens auf. Die Taten Gilles' de Rais da-
gegen fanden immer eine einhellige Bewertung, nur erscheint seine Biogra-
phie klar zweigeteilt: zuerst Marschall von Frankreich und Krieger im Gefol-
ge Jeanne d'Arcs, dann zum Tode verurteilter Häretiker und massenhafter
Kindermörder. Es ist dieser scheinbar eklatante Widerspruch, der Gilles de
Rais zu einer häufig thematisierten Figur gemacht hat, wobei die wissen-
schaftliche Erforschung neben musikalischen, literarischen und psychologi-
sierenden Werken nur eine von vielen Perspektiven darstellt: Bekannt ist
Gilles de Rais vor allem als mögliche Vorlage für die Märchenfigur des frau-
enmordenden , Blaubart'
Geboren wurde Gilles um 1405 als Sohn Guy de Lavals, des Herrn von
RetzW Ab etwa 1425 kam er zunächst im Gefolge des ConnehzHe Arthur III.,
Graf von Richmond, und später mit Georges de La Tremoille an den Hof
Karls VII. Im Gefolge Jeanne d'Arcs kämpfte er 1429 in Orleans und in der
Schlacht von Patay und wurde im selben Jahr zum Marschall von Frankreich
ernannt. Seine militärischen Einsätze und eine prunkvolle Hofhaltung ver-
schlangen jedoch viel Geld, so dass Gilles bald begann, Ländereien zu ver-

16? Ebd., S. 163-166. Siehe dazu in dieser Arbeit auch S. 162-165, bzw. S. 108, Anm. 19 und S. 163,
Anm. 137. Ausnahmen waren vermutlich nur die Kreuzzüge sowie die Notlage einer Belage-
rung, in der Frauen ihre Tapferkeit beweisen konnten, Beaune, Jeanne d'Arc, S. 171-178, mit
Verweis auf Froissart, Chroniques (liv. I & II), S. 429 (1,185).
168 Beaune, Jeanne d'Arc, S. 166-171.
169 in gf;';'s H;;fe?ü l;'cfer;'s fe Mcfasf; ^;;od Jäceres occ;d; owmes ;71os wo?! of?ed;'re?!f, cf ^;;od ^ ;'cf;;s
u;deref;;r ^;;;'s fMf?eref wcÜMS ;';;s a Deo cel;'; ef sepe däi'sf; fe ?u'cl?;7 A^sse, M;'s; per reue/geioMew ef pre-
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WMM&h's cf reuefHc;'o?!;'??MS. Proces de condamnation. Bd. 1, S. 377. Siehe dazu Beaune, Jeanne
d'Arc, S. 318-332.
170 Siehe dazu Ross, Deviancy, S. 259; Savy, Proces, S. 85f.; Cazacu, Gilles de Rais, S. 203-246;
Contamine, Rais; Faret-Kayser, Gilles de Rais, S. 27f. Zuletzt aus psychoanalytischer Sicht Bre-
maud, Crimes.
171 Zur Biographie siehe Heers, Gilles de Rais; Cazacu, Gilles de Rais und Herubel, Gilles de Rais;
sowie Minois, Charles VII, S. 236-239; Contamine, Rais; Bataille, Proces, S. 344-425, (Zur Zei-
tleiste bei Bataille siehe wiederum Guyotjeannin, Histoire).
 
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