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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0416

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31 Ideal und Devianz

415

Zwiespalt zwischen dem vormaligen Ruhm Gilles' als Marschall von edler
Abstammung, als großer Landbesitzer und Ritter, und seiner nunmehrigen
Überführung als Häretiker und hundertfacher Kindsmörder, der die Chronis-
ten schockierte.^ Der Bericht der beiden Chronisten passt die Taten - soweit
dies möglich war - in konventionelle Muster ein: So sei Gilles durch den Teu-
fel und seine Berater verführt worden, Kinder und Schwangere zu tötend^
Die Ergänzung der Opfer um Schwangere rekurrierte auf bekannte Stereoty-
pe, welche die besondere Schwere der Tat deutlich machen sollte .2°° Die An-
stiftung durch den Teufel oder Bedienstete fungierte als topisches Erklä-
rungsmuster, um die Kluft zwischen dem hohen Rang Gilles' und der Nieder-
trächtigkeit seiner Taten für die Zeitgenossen verständlich zu machen, denn
diese, so Jean de Wavrin, „wussten nicht, was sie darüber denken sollten."^
Eigentlich, so darf man im Umkehrschluss folgern, sollte die Stellung als Ad-
liger moralisch gutes Verhalten gewährleisten. Entsprechend blieben weitere
Erklärungsversuche mit Hinweisen auf Gilles' Motive, „gewisse Würden und
Besitztümer"^ zu erreichen, äußerst vage. Monstrelet versuchte denn auch
der Episode ein versöhnliches Ende zu geben, indem er schilderte, wie Gilles
trotz dieser Perversitäten und Unmenschlichkeiten demütig gebeichtet und
Reue gezeigt habe. Sein Tod schließlich habe wegen seines guten Renommees
große Trauer ausgelöst.^ Letztlich behielt der herausgehobene Rang gegen-
über den Untaten die Oberhand: Monstrelet ließ Gilles de Rais als reuigen
Sünder sterben, dessen Verwandte seine Verbrennung verhinderten und ihm
damit ein christliches Begräbnis sicherten A'4

Le sefgweMr & Len, t?Mi/ po:?r fors esfoff WMrfssaf de Brefafgwe, ??!OMlf wofadfe do??!??!e ef graul ferne?!,
fssM de gerdfüe ef da:dfe nao'on. Jean de Wavrin, Recueil, Bd. 4, S. 286; ähnlich auch Jean de Wa-
vrins Vorlage Monstrelet, Chronique, Bd. 5, S. 425.
i99 C'esfassauofr par fa sedfefow ef eworf prf?!efpaf??!e?!f d:? deadfe d'e?!/er, ef aMssi/ d'a:dcM?!s ses co?üpdces
ef seruffeMrs. Cowuwe d co?!/essa auofrydf ?woMrfr pddseMrs e?^a?!z soüdz eage, ef Je??!??!es ewqafMfes, s:?r
f?!fe?!cfo?! de paruewfr a a:dcM?!es daüffeMrs ef cdeuawcdes, ef aMssi/ doMMeMrs desordoMMees. Monstrelet,
Chronique, Bd. 5, S. 425; ähnlich Jean de Wavrin, Recueil, Bd. 4, S. 286; Chartier, Chronqiue,
Bd. 2, S. 6. Zur Motiv der Anstiftung durch den Teufel siehe S. 228, Anm. 33, zum Topos des
schlechten Beraters' S. 114, Anm. 49.
980 Ähnlich auf anderer Quellengrundlage (Versdichtung/faf) auch Parsons, Sympathy, S. 129
901 PddseMrs graws sefgweMrs ef wofadfes do??!??!es de so?! ffgwage eMrewf de eesfe aduewfMre fres grawf
despfaisir, desfresse de ceMr fsfcj ef despff, poMr ee ??!es??!e??!e?!f qMe auawf eesfe ?Mesadue?!fMre fedff sef-
gweMr de Ran* feMr parewf esfoff re?!o??!??!e desfre fres pre:? ef uafffaMf edeuadfer, sf Me seauofeMf qMe peM-
ser. Jean de Wavrin, Recueil, Bd. 4, S. 287.
902 gMf fMfeMcfoM de parueMfr a aMCMMes daüffeMrs ef edeuawedes, ef aMssi/ doMMeMrs desordoMMees. Mons-
trelet, Chronique, Bd. 5, S. 425; ähnlich Jean de Wavrin, Recueil, Bd. 4, S. 286. Noch vager bei
Chartier, Chronqiue, Bd. 2, S. 6: PoMr odder parwrdr a ses ddenefons ef uoMdeMfez.
203 Pf ja soff qM'ff e:?sf e:? eesfe A:4se ef peruerse WMüiere ef f?!dM??!af?!e uoMfeMfe, MfeMf?MafMS si eMf-d sa/fM
fres dede ef deuoffe eoMgMofssaMee ef repeMfaMee, eM reqMeraMf ?MOMff dM?Mde??!e?!f a soM ereafoMr ?weref ef
wu'serfeorde de ses graMS peedfes ef ojjeMces. Po:?r fa ?worf düpMef sefgMeMr de Rafs, grawd parffe des
Modfes düdff pai/s de BrefafgMe ef espeefaf?MeMf eeMÜ de soM dwage, eM eMreMf a:? e:?er fres grawd dofeMr
ef frfsfesee. Pf aMssi/, auaMf q:?e eesfe adueMfMre fMf adueMfsf, d esfoff ?MOMlf reMowuwe d'esfre fres uaff-
fa?!f edeuaffer. Monstrelet, Chronique, Bd. 5, S. 426; ähnlich Jean de Wavrin, Recueil, Bd. 4,
S. 287f.
204 Dies betont neben Monstrelet insbesondere Chartier, Chronqiue, Bd. 2, S. 6.
 
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