Journal
für
Theater und andere schöne Künste.
Der Tänzer.
(Eine Erzählung.)
Ein Tänzer — eingewikkelt In seinen Mantel —»
grenz, bis die Stunde gekommen war, der schönen
Welt die Langeweile zu verkürzen , auf der Prome-
nade auf und ab ; als ein Weib , das ihrem Kinde
die Brust gab , ihm mehr durch den Ausdruck der
Geberde, als mit Worten, ihre Dürftigkeit zeigte.
Es war noch nicht so dunkel, daß er nicht leicht er-
kennen konnte, daß daS Weib schön und jung war.
Er gab ihr ein Stück Geld — und sie nahm cs mit
zenem schüchternen Stillschweigen, das vielleicht der
schönste Ausdruck der Dankbarkeit ist. — Dies ist
gewiß eine rechtschaffene Leidende , sprach er zu sich
selbst, und fühlte, daß sein Herz sich für sie interes-
sirte; er nahm Platz auf der Bank, wo sie saß, und
that einige Fragen an sie; voll all der Schonung,
die man Unglücklichen schuldig ist. Sie antwortete
rnit Bescheidenheit — und nach einigen Weigerungen-
die ihr die Furcht, ihre Schmerzen durch die Rück-
erinnerung zu erneuern , eingab , willigte sie ein,
ihm das Unglück ihres Lebens zu erzählen.
" Mein Vater, — begann sie — war ein be-
rühmter Gastwirth, in einem kleinen Städtchen,
auf der Straße nach der Hauptstadt. Ich war seine
RH.Mus. LtrrJ.i.B. 2. H. H
für
Theater und andere schöne Künste.
Der Tänzer.
(Eine Erzählung.)
Ein Tänzer — eingewikkelt In seinen Mantel —»
grenz, bis die Stunde gekommen war, der schönen
Welt die Langeweile zu verkürzen , auf der Prome-
nade auf und ab ; als ein Weib , das ihrem Kinde
die Brust gab , ihm mehr durch den Ausdruck der
Geberde, als mit Worten, ihre Dürftigkeit zeigte.
Es war noch nicht so dunkel, daß er nicht leicht er-
kennen konnte, daß daS Weib schön und jung war.
Er gab ihr ein Stück Geld — und sie nahm cs mit
zenem schüchternen Stillschweigen, das vielleicht der
schönste Ausdruck der Dankbarkeit ist. — Dies ist
gewiß eine rechtschaffene Leidende , sprach er zu sich
selbst, und fühlte, daß sein Herz sich für sie interes-
sirte; er nahm Platz auf der Bank, wo sie saß, und
that einige Fragen an sie; voll all der Schonung,
die man Unglücklichen schuldig ist. Sie antwortete
rnit Bescheidenheit — und nach einigen Weigerungen-
die ihr die Furcht, ihre Schmerzen durch die Rück-
erinnerung zu erneuern , eingab , willigte sie ein,
ihm das Unglück ihres Lebens zu erzählen.
" Mein Vater, — begann sie — war ein be-
rühmter Gastwirth, in einem kleinen Städtchen,
auf der Straße nach der Hauptstadt. Ich war seine
RH.Mus. LtrrJ.i.B. 2. H. H