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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 31.1921

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Heft 2
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Schuy, Clemens: Die Begründung der romantischen Allegorie durch Friedrich Schlegel: (ein Beitrag zum Wesen der romantischen Kunst)
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Hashagen, Justus: Rheinisches Geistesleben in ottonischer und salischer Zeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.26485#0093

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Die Begründung der romantischen Allegorie durch Friedrich Schlegel.

erlebende Individuum entzieht. Jedes Kunstwerk ist
eine Etappe in der Erschließung des metaphysischen
Reiches hinter den Dingen, eine Errungenschaft, ein
Gewinn. Wie nun in der Wissenschaft jeder an die Lei-
stungen des Vorgängers anknüpft — ist es aussichtslos
zu hoffen, daß auch in dieser höchsten Sphäre ein stetiger
Fortschritt zu erzielen wäre. Zwar zeigt die moderne
Kunst noch nichts von solcher aufbauenden Arbeit, weil
unsere Allegorien nicht allgemein und objektiv sind. Sie
tragen zu deutlich den Stempel der Individualität ihres
Schöpfers.
Wie anders in der Antike, deren Kunst als ein einziges
Werk aus einem Guß erscheint. Die Alten hatten einen
Schatz allgemeingültiger Symbole und Allegorien in
ihrer Mythologie. Schaffen auch wir uns also eine
Mythologie.
Fritz Strich hat die Bemühungen der Romantiker
um eine neue Mythologie in aller Breite dargelegt.
Ich will nur auf den Unterschied des Hamann-Herderschen
und des Schlegelschen Mythologiebegrisfs Hinweisen.
Herder und Hamann sahen in der Mythologie eine
ursprüngliche Leistung des dichterischen Geistes im
Menschen. Dichtung und Mythologie sind identisch.
Schlegels Mythologiebegriff wächst nicht organisch mit
der Dichtung. Er entspringt nicht so sehr dem Wesen,
als der Aufgabe der Kunst, sie ist kein Uranfang, sondern
Abschluß, aus einem Aweck abgeleitet.
Wie aber wird die neue Mythologie? Schon in ihrer
Sprache haben sich die Romantiker eine Art Wort-
mythologie geschaffen. So wird auch die künftige Mytho-
logie freie, bewußte Tat eines hochkultivierten Geistes
sein. Wie, mit welchen Mitteln Vieser kommende Riesen-
geist sie schaffen wird — erst die Erfüllung kann darauf
Antwort bringen. Das Schicksal der romantischen Alle-
gorie hängt daran.
V.
Auf unserer Deutung der romantischen Allegorie
beruht letzten Endes der Wesensunterschied zwischen
klassischer und romantischer Kunst. Auch die klassische
Ästhetik hat den Symbolbegriff an krönender Stelle,
aber er bedeutet etwas ganz anderes — ein Grund,
weshalb wir uns des Sprachgebrauchs der Romantiker
bedienend Allegorie vorzogen. Der Klassiker geht von
der Natur aus, der Romantiker vom Geist. Goethe
suchte das Göttliche nicht jenseits der Welt der Dinge,
sondern in ihnen als Gesetz und Gestalt. Deshalb wurzelt
sein Symbolbegriff durchaus in der Form. Symbolisch
ist ein Ding, das i n seiner Natur bis zur absoluten Grenze
erhöht ist. Das Allegorische der Romantiker geht über
die Natur hinaus, das Symbolische Goethes in sie hinein.
Das Ding wird bei Goethe mehr es selbst als Symbol,
während der Allegoriebegriff Schlegels es auflöst, es
zu etwas anderem macht.
Fruchtbar werden Schlegels neue Gedanken am
wenigsten in seiner Dichtung, die, dilettantischer Luft
entsprungen, theoretisch angekränkelt, von dem neuen
Allegoriebegriff nur eine stete Neigung zu frostigen
Allegorien als zweifelhafte Mitgift mitbekommen hat.
Aber den Zeitgenossen war ein tiefes Wort in die Seele
gelegt. Inwieweit die Dichtung Novalis und Tiecks
von Fr. Schlegels theoretischen Anschauungen bestimmt

ist, läßt sich wohl nie mit Sicherheit feststellen. Wir
haben es hier mehr oder minder mit Allgemeinbesitz
zu tun, den jeder auf seinem Wege sich erworben. Und
Schlegel ist eben der Theoretiker. In der weiteren
Entwicklung wirft der Allegoriebegrifs noch die letzten
intellektualistischen Schlacken ab und wird zu dem, was
wir Stimmung nennen. Die Vorstellungen stehen im
Kunstwerk nur als Träger von Gefühlskompleren, die
sie in uns erregen. Clemens Schuy.
heinisches Geistesleben in ottoni-
scher und sallscher Zeit.
Durch den furchtbaren Zusammenbruch der karo-
lingischen Herrschaft wurde das blühende Rheinland in
ein Trümmerfeld verwandelt. Was die streitenden
karolingischen Erben und rheinischen Magnaten ge-
schont hatten, war vielfach den räuberischen Normannen
zum Opser gefallen. Nur einige Klöster wie Prüm
ragten wie Inseln aus den Fluten der Zerstörung empor
und retteten Reste der karolingischen Geisteskultur in
bessere Zeiten hinüber.
Als das sächsische Herrscherhaus endlich das Rhein-
land in seine Gewalt brachte, herrschten dort weithin
anarchische Zustände, und es bedurfte einer tatkräftigen
und sorgfältigen Arbeit von Jahrzehnten, bis das Rhein-
land auch innerlich dem von den Ottonen mit neuem
Glanze umgebenen Deutschen Reiche angegliedert wurde.
Das verwaltungspolitische Mittel, das Otto der Große
anwandte, um die Westmark auch innerlich zu gewinnen,
war sein Bündnis mit der hohen Geistlichkeit, besonders
mit den Bischöfen: sie wurden mit einer Fülle weltlicher
Aufgaben betraut und entwickelten sich fast ausnahmslos
zu festen Stützen der ottonischen Herrschaft am Rhein.
Ottos des Großen jüngerer Bruder Brun bekleidete
jahrelang zugleich die Würde eines Kölner Erzbischofs
und eines rheinischen Herzogs. Auch wurde ihm zeitweise
die Reichsverweserschaft übertragen. Noch einmal wie
in der karolingischen Blütezeit wurde Deutschland vom
Rheinland aus regiert.
Brun hat jedoch nicht nur in der politischen, sondern
auch in der Geistesgeschichte des Rheinlands seine Spuren
hinterlassen. Es ehrt die ottonische Rheinlandpolitik,
daß in ihm nicht nur ein fähiger Beamter, sondern auch
ein einflußreicher Kulturträger an die entscheidende
Stelle gesetzt wurde. All die mannigfaltigen Wissens-
und Bildungsanregungen, die der vielseitige, hoch-
begabte Jüngling während seiner Lehrjahre in der
Utrechter Domschule und am königlichen Hofe seines
Bruders in sich ausgenommen hatte, übertrug er an den
Rhein und ließ sie dort reiche Frucht tragen. Mit ihm
wird ein Führer der ottonischen Renaissance am Rheine
heimisch. Sein Biograph Ruotger, ein sächsischer Benedik-
tiner, entwirft von dem allem eine glänzende Schilderung.
Besonders Bruns rastloser Tätigkeitstrieb nötigt ihn
zu hohem Lobe. Wie der Hohepriester die Bundeslade,
so habe Brun stets seine Bibliothek bei sich gehabt. Vor
allem der Kölner Domschule sind seine angestrengten
Bemühungen zugute gekommen. Für eine Reihe anderer
rheinischer Bildungsanstalten wird sie vorbildlich. Unter
 
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