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Rolfs, Wilhelm
Geschichte der Malerei Neapels: mit einem Titelbild in Heliogravüre, mit 13 Textfiguren und 138 Abbildungen auf 112 Tafeln — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.56470#0150
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(sie zu erkennen, hindert oft schon der verdorbene Zustand der Werke), betrachten
wir das Hochaltarblatt von S. Restituta und die große Kreuztragung der
Neuen Marienkirche (jetzt Provinzialständehaus).
Ersteres stellt Maria mit dem Kinde auf dem Trone sitzend in einer rechts und
links sich ausbreitenden Landschaft dar. Das recht altklug dareinschauende Kind steht
auf ihrem Schoße. Zu ihrer Rechten sehen wir die hl. Restituta, zu ihrer Linken
den hl. Michael mit Wage und Schwert, den linken Fuß auf den Drachen gestellt,
das Schwert zum Streiche erhoben. Auf der Staffel darunter sind Vorgänge aus dem
Leben der hl. Restituta dargestellt.
Der Aufbau ist der von Toskana nach Venedig gelangte, wovon man sich
z. B. durch einen Blick auf die Altartafel des Bartel Vivarini im NM. (83906.
1,19 : 1,19. Holz) überzeugen kann. Tafel und Staffel sind zu trennen; sie sind
von verschiedener Hand, und wenn erstere ihren venezianischen Karakter nicht ver-
läugnet, so tritt bei der Staffel mehr umbrische Nachahmung hervor. Crowe und
Cavalcaselle stellen das Werk daher unter den Einfluß des Perugino und Pin-
turickio, indem sie es mit dem Tode Mariens in S. Peter-dem-Blutzeugen einem
Meister zusprechen. Frizzoni zieht gar den jugendlichen Raffael heran. Allein in
der Hauptsache waltet doch der venezianische Einschlag vor: so in der Landschaft,
der Farbe mit vorherrschendem Rotgelb und Dunkelrot, der Art des behaglichen
Erzählens. Dabei ist die Zeichnung nicht gut, die Hände des Kindes sind krampfhaft
verzogen, der Kopf ist zu klein.
Über den Meister dieser viel besprochenen Tafel würde uns die Inschrift am
Fuße des Trones aufklären, wenn sie einwandfrei wäre. Der ganze Fuß ist aber
übermalt und trug anscheinend ursprünglich eine andere Inschrift. Wie sie jetzt ist,
lautet sie
SILVESTRO DE (?) BUONO FEC.
ANNO. D. 1590
Daß die Zahl falsch sein muß, leuchtet auf den ersten Blick ein. Auch ist der letzte
Strich der 9 undeutlich, die 0 verschmiert, so daß man auch 1500 oder 1509 lesen
könnte. Wer aber ist Silvestro Buono? Von ihm gibt es ein gezeichnetes Bild
in Sorrent: SILVESTER BONUS NEAP. FACIEBAT 1575. Man hat daher zwei
Künstler dieses Namens angenommen, von denen der ältere überdies um 1475 oder
1480 gestorben wäre. Aber gerade diese Annahme geht auf den Fälscher zurück,
und darum ist es nicht unerlaubt, auch die Inschrift auf dem Restitutabilde für ge-
fälscht zu halten. Gefälscht zu Gunsten des Silvestro Buono anstelle wohl des Peter
Buono, eines in Neapel ansässigen Malers aus Salem, der urkundlich mehrfach er-
wähnt wird. So verpflichtet er sich 1492 zur Anfertigung einer Altartafel nebst
Staffel für S. Marien-der-Gnaden in Kaponapoli. Unter den Zeugen befindet sich
Sumalvito. Am 18. Mai 1496 verspricht er dem Bischof von Montemarano ein Altar-
bild für die Kirche dieses Ortes. Am 4. März übernimmt er die Lieferung von 18
 
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