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Rolfs, Wilhelm
Geschichte der Malerei Neapels: mit einem Titelbild in Heliogravüre, mit 13 Textfiguren und 138 Abbildungen auf 112 Tafeln — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.56470#0345
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331

zwei mittelgroße Bilder im NM., die sich in den Bahnen Rosas bewegen, aber wohl
mit ihm in Wettbewerb treten dürfen. Die Schlacht (84416) zeigt eine schöne
satte Zusammenstimmung von Braun, Gold und Weiß, tiefen Schatten (das Schwarz
der Harnische!) mit einzelnen grellen roten und blauen Flecken. Er ist nicht so
natürlich lebhaft wie Rosa und nicht so malerisch ruhig wie Falkone. Staunenswert
aber ist die Kühnheit, mit der er Stimmung und Tiefe entwickelt. Die Pferde stellt
er gern mit der Kruppe ganz in den Vordergrund und beleuchtet sie kräftig von
vorn. Ähnlich und sehr ansprechend ist die Herde (o. N.): Schafe, auch ein Drome-
dar, die von einigen Reitern zusammengetrieben werden, ein merkwürdig packendes
Bild voll Stimmung und kühn im Versuche, schwere Beleuchtungsprobleme zu lösen.
Auffallend ist auch die Kraft der Farbe, in der Braun und Weiß vorherrschen1).
Damit schließen wir den Kreis der Volksbildmalerei: auch sie, aus der Fremde
nach Neapel verpflanzt, wird dort nicht heimisch. Sie entwickelt sich ebensowenig
weiter wie so viele andere Ansätze, die wir im Laufe unserer Betrachtung kennen
lernten, und stirbt ab wie eine Pflanze, die in fremdem, wenn auch noch so frucht-
baren Boden aus Mangel an sorgsamer Pflege zugrunde gehen muß.

XLVII
Unter dem Namen des Johann-Bernhardin (Rodriguez) Siziliano begegnen
wir einer jener schwankenden Gestalten der Neapler Kunstgeschichte, deren
Leben und Werk sehr dunkel ist. Der Fälscher hat ihn mit einer großen Anzahl
von Arbeiten versehen, ihn zum Sohn des Luise Rodriguez gemacht, der ihn
unterrichtet hätte, ehe er in die Werkstatt des Dominikino getreten wäre, auch
ausgeführt, daß er sich als Bildhauer betätigt habe, kurz eine scheinbar abgerundete
künstlerische Persönlichkeit geschaffen, die dann als solche in der Geschichte neben
vielen anderen seiner verlogenen Gestalten Platz gefunden hat. Sehen wir sie uns
1) Erwähnt wird auch ein Onofrio de Leone, von dem Dalbono einige Tafeln ge-
kannt zu haben scheint. Wenn Galante ihm dem Triumf des Kreuzes in S. Patrizia
zuspricht, so unterrichtet uns Celano besser, indem er ihn dem Paul Scheffer gibt.
Dagegen ist Honofrius de Lione F. . . . A. D. M. DC. LI gezeichnet eine unberührt
gebliebene Übertürfreske der (von Korenzio ausgemalten) Sakristei von S. Severin und
Sosio, eine rasende Schlacht, deren Mittel- und Hintergrund mit Leichen und galop-
pierenden Reitern angefüllt ist. Bezeichnend ist der Vordergrund: hier ist der beliebte und
schier unvermeidliche Treppenbau über die Tür gezogen. Auf der Treppe liegt links, den
Kopf in den Raum uns entgegengestreckt, die Beine nach oben gerichtet, ein Geschlagener,
der schreit. Ein anderer fällt vornüber; ein dritter rechts oben wird erschlagen, hinter ihm
stürmt einer mit gezücktem Schwerte die Stufen hinauf. Ganz rechts aber (an Markantons
Stich von Michelangelo erinnernd) klettert einer an dem (gemalten) kannelierten Pfeiler
hinauf, der rechts und links das Bild abschließt, wie denn solche Pfeiler in dem ganzen Raume
zum Abteilen dienen. Es tritt hier deutlich die Freude an der Illusionsmalerei hervor, die mit
der Architekturmalerei Hand in Hand geht.
 
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