35
im Lilienrock kniet Karl von Kalabrien. An ihm fällt das nach Art der Sienesen und
Toskaner stark abgesetzte Haupthaar auf. Gegenüber wird Sanzia von dem Evan-
gelisten Johannes dem Heiland empfohlen. Sie trägt Kinnschleier und Lilienkrone;
ihr Wappengewand aber zeigt in blauen Rauten die Lilien, in weißen die vier roten
aragonesischen Pfähle. Die Hände hebt sie betend empor. In der gleichen Haltung
— das Kinn vorgestreckt — von dem hl. Franz vorgestellt folgt die Gemahn Karls
von Kalabrien, Marie von Valois, die als solche ein mit den französischen Lilien über-
sätes Kleid trägt. (Andere erblicken darin Johanna I.) Sind diese Persönlichkeiten
richtig gedeutet, so muß, da sich Karl 1324 mit Marie vermählte, 1328 starb, das
Bild um diese Zeit, vielleicht als Erinnerung an die Vermälung, gestiftet worden
sein. Stilistisch weist es wiederum viel mehr auf Simon Martini als auf Jotto; allein
die aufgezählten Eigentümlichkeiten verbinden es am besten mit dem Teile der
Werkstatt Kavallinis, der die Engel des Triumfbogens von Donna Regina aus-
führte. Ob der um 1328 in Neapel als tätig erwähnte Bartel von Aquila zu
dieser Schule gehörte, muß dahingestellt bleiben.
III
Daß außer zahlreichen Bildhauern und Baumeistern auch Maler aus Siena unter
den Anjoinen tätig waren, ist sowohl urkundlich zu belegen, als auch stilkritisch
zu beweisen. Abhängig von sienesischer Übung sind die Maler von Arezzo: ob
diese Beobachtung auch bei dem in Neapel mit umfangreichen Aufträgen beschäf-
tigten Montan von Arezzo zutrifft, ist nicht möglich, festzustellen. Auch er gehört
zu denen, deren Namen und Tätigkeit wir wohl kennen, aber kein Werk, das er schuf.
Schon unter Karl II. malt er 1305 in zwei Kapellen der Neuen Burg: wir haben
darunter die — noch zu besprechende — Barbarakirche und die Geheimkapelle des
Königs zu verstehen, wo auch Jotto später tätig gewesen ist. Die gleichen Kapellen
werden unter der üblichen Verwechslung mit der Eierburg noch einmal 1309 er-
wähnt, woraus vielleicht zu schließen ist, daß die Arbeit unterbrochen worden war.
Wir finden denn auch Montan 1308 mit der Anfertigung eines Heilandkreuzes, das
Karl dem Kloster des hl. Ludwig in Aversa schenken wollte, wie auch mit der Aus-
malung des Speise- und des Kapitelsaales des dort befindlichen Franziskanerklosters
beschäftigt. Davon ist nichts mehr erhalten, wohl aber eine von Filipp von Tarent
dem Meister 1310 in Auftrag gegebene und in die von ihm erbaute Kapelle der
Kirche von Montevergine gestiftete Gottesmutter. Unglücklicherweise ist sie der-
artig mit frommen Geschenken bedeckt (und nach dem Urteile Sachverständiger so
übermalt), daß man Montans Hand und Stil nicht mehr beurteilen kann. Wenn man
indes seinen Stil als »sienesisch« damit belegt, daß seine Gottesmutter viel mehr der
(im gleichen Jahre entstandenen) Duccios in Siena als der Cimabues in Florenz
(S. Maria Novella, Ruccellaikapelle) gleiche, so hilft uns das nicht weiter, da beide
3*
im Lilienrock kniet Karl von Kalabrien. An ihm fällt das nach Art der Sienesen und
Toskaner stark abgesetzte Haupthaar auf. Gegenüber wird Sanzia von dem Evan-
gelisten Johannes dem Heiland empfohlen. Sie trägt Kinnschleier und Lilienkrone;
ihr Wappengewand aber zeigt in blauen Rauten die Lilien, in weißen die vier roten
aragonesischen Pfähle. Die Hände hebt sie betend empor. In der gleichen Haltung
— das Kinn vorgestreckt — von dem hl. Franz vorgestellt folgt die Gemahn Karls
von Kalabrien, Marie von Valois, die als solche ein mit den französischen Lilien über-
sätes Kleid trägt. (Andere erblicken darin Johanna I.) Sind diese Persönlichkeiten
richtig gedeutet, so muß, da sich Karl 1324 mit Marie vermählte, 1328 starb, das
Bild um diese Zeit, vielleicht als Erinnerung an die Vermälung, gestiftet worden
sein. Stilistisch weist es wiederum viel mehr auf Simon Martini als auf Jotto; allein
die aufgezählten Eigentümlichkeiten verbinden es am besten mit dem Teile der
Werkstatt Kavallinis, der die Engel des Triumfbogens von Donna Regina aus-
führte. Ob der um 1328 in Neapel als tätig erwähnte Bartel von Aquila zu
dieser Schule gehörte, muß dahingestellt bleiben.
III
Daß außer zahlreichen Bildhauern und Baumeistern auch Maler aus Siena unter
den Anjoinen tätig waren, ist sowohl urkundlich zu belegen, als auch stilkritisch
zu beweisen. Abhängig von sienesischer Übung sind die Maler von Arezzo: ob
diese Beobachtung auch bei dem in Neapel mit umfangreichen Aufträgen beschäf-
tigten Montan von Arezzo zutrifft, ist nicht möglich, festzustellen. Auch er gehört
zu denen, deren Namen und Tätigkeit wir wohl kennen, aber kein Werk, das er schuf.
Schon unter Karl II. malt er 1305 in zwei Kapellen der Neuen Burg: wir haben
darunter die — noch zu besprechende — Barbarakirche und die Geheimkapelle des
Königs zu verstehen, wo auch Jotto später tätig gewesen ist. Die gleichen Kapellen
werden unter der üblichen Verwechslung mit der Eierburg noch einmal 1309 er-
wähnt, woraus vielleicht zu schließen ist, daß die Arbeit unterbrochen worden war.
Wir finden denn auch Montan 1308 mit der Anfertigung eines Heilandkreuzes, das
Karl dem Kloster des hl. Ludwig in Aversa schenken wollte, wie auch mit der Aus-
malung des Speise- und des Kapitelsaales des dort befindlichen Franziskanerklosters
beschäftigt. Davon ist nichts mehr erhalten, wohl aber eine von Filipp von Tarent
dem Meister 1310 in Auftrag gegebene und in die von ihm erbaute Kapelle der
Kirche von Montevergine gestiftete Gottesmutter. Unglücklicherweise ist sie der-
artig mit frommen Geschenken bedeckt (und nach dem Urteile Sachverständiger so
übermalt), daß man Montans Hand und Stil nicht mehr beurteilen kann. Wenn man
indes seinen Stil als »sienesisch« damit belegt, daß seine Gottesmutter viel mehr der
(im gleichen Jahre entstandenen) Duccios in Siena als der Cimabues in Florenz
(S. Maria Novella, Ruccellaikapelle) gleiche, so hilft uns das nicht weiter, da beide
3*