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Rolfs, Wilhelm
Geschichte der Malerei Neapels: mit einem Titelbild in Heliogravüre, mit 13 Textfiguren und 138 Abbildungen auf 112 Tafeln — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.56470#0376
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362

LI
Wie eine architektonische, so gab es auch eine plastische Blendmalerei: was
Stein und Stuck aus den Formen der Auflebung entwickelt hatte, das mußte
auch malerisch in Steinfarbe wiederzugeben sein, und der höchste Ehrgeiz und
der widerspruchsloseste Ruhmestitel war es, wenn man Bildwerke und Standbilder
malerisch so nachzuahmen verstand, daß sie von jenen nicht zu unterscheiden waren.
Der Hauptvertreter Neapels in dieser »Kunst« war Jakob del Pö. Sein Leben
ist ziemlich dunkel. Pascoli läßt ihn 1654 in Rom geboren werden: sein Vater
sei Peter del Pö aus Palermo und ebenfalls Maler. Dieser soll 1610 geboren
und sich in Rom niedergelassen haben, wo er von Dominikino lernte und
neben Miniaturen auch Fresken malte. Der sehr begabte Sohn sei schon 1678 Mit-
glied der Lukasakademie geworden. Später siedelte Peter mit seiner Schwester Terese
und der übrigen Familie nach Neapel über, wo er am 22. Juli 1692 starb und in
der Jesuskirche beigesetzt wurde. Mit alledem vereinigt sich aber schwer der Wort-
laut einer trockenen Urkunde, die besagt: »Am 21. Juni 1645 heiratet Peter del
Pö von Palermo in der Pfarrei der Caritä zu Neapel die Frau Porzia Kam-
pagna«, die auch Pascoli kennt. Denn er berichtet, Jakob del Pö sei am 25. No-
vember 1726 in Neapel gestorben und in der Großen S. Josefskirche im Grabe
seiner Mutter Porzia Buoncompagni beigesetzt worden. Urkundlich lernten wir
Jakob bereits mit Josef Kastellano als sachverständigen Urteiler über die von
Viviano Kodazzo ausgeführten Arbeiten von S. Martin kennen, und am 5. Dezem-
ber 1707 ist er Trauzeuge bei der Hochzeit der Viktoria de Virgiliis del Pö
mit dem Arzte Niklas Kardinale1). Dies war nicht eine Tochter; vielmehr scheint
er erst spät geheiratet zu haben, denn die Neapler Taufregister verzeichnen als Kinder
Jakobs und der Gattin Anna-Teresa Riccio: Maria-Laurenza (geb. 10. August
1697), Franz-Karl-Johann-Baptist (1. Sept. 1699), Karl-Johann-Baptist (28. Febr.
1701), Niklas-Felix-Johann-Baptist-Raimund (30. Aug. 1704), Johanna usw.
(22. Sept. 1706) und Rosa usw. (19. Mai 1709)2). Daß Jakob ebenso wie seine Tante
1) Peter del Pö beurteilt man am besten in der Barbarakirche der Neuen Burg:
»Die Kirche ist ganz mit Stuck und Gold verziert, und alle Bilder, die man dort sieht, Fresken
und Ölbilder sind von dem Sizilianer Peter del Pö« (Celano). Es sind die Deckenbilder
und die in ausgerundeten Rechtecken befindlichen Darstellungen aus dem Leben Kristi ober-
halb der Kapellen. Im ganzen sind sie nicht ohne größeren Schwung und weich in der
Farbe: doch reicht es nicht zur hohen Tragik, wie auch die Zeichnung (die viel zu schweren
Glieder des Aktes auf der Kreuzaufrichtung!) oft mangelhaft ist. Seine Schwester Terese
machte sich durch Miniaturen und Stiche für Bücher einen Namen. Ihr Bildnis des Königs
Filipp V in einem Reisetagebuche des Boliforin trägt die Aufschrift: FILIPPO V RE DI
SPAGNA E DI NAPOLI NATO A 19 DICEMBRE 1683 TERESA DEL PÖ ACCADEM1CA
ROMANA FECIT.
2) Eine Tochter Konstanze lernen wir aus der Todesurkunde kennen: sie starb vier-
jährig am 18. Oktober 1699 und ward in der Pieta begraben. Anna del Pö starb am
5. März 1718 im Alter von 55 Jahren, geb. also 1663, und wurde in der Johanneskirche-
 
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