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Rolfs, Wilhelm
Geschichte der Malerei Neapels: mit einem Titelbild in Heliogravüre, mit 13 Textfiguren und 138 Abbildungen auf 112 Tafeln — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.56470#0192
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Aus dem Nebel dieser wesenlosen Namen der Neapler Kunstgeschichte treten wir
unter greifbare Gestalten, wenn wir uns nun dem Einflüsse zuwenden, den die Großen
des nördlicheren Italiens von Rom aufwärts in Neapel ausübten, allen voran Raffael.

XXV
So tief die Kunstübung in Neapel auch ebbt: sein Ehrgeiz flutet immer hoch daher.
Es ist nur begreiflich, daß man daher auch von Rafaels glänzendem Gestirne
einige Strahlen nach Neapel herüberzuleiten suchte; und da die Kunst der 1500
namentlich dort am meisten von ihm beeinflußt wird, wo eine selbständig entwickelte
Kunst sich ihm nicht kräftig entgegenstellt, so werden wir in Neapel bald die deut-
lichen Spuren seines Wirkens finden und einem wenn auch noch so schwächlichen
Abglanz seiner Arbeiten römischen Ursprungs begegnen.
Einige Werke des großen Urbinaten fanden zudem ihren Weg nach Neapel zu
seinen Lebzeiten.
»In selbiger Kirche [der Dominikaner] befindet sich in der Kapelle des Herrn Joan
Baptista del Duco der Engel mit Tobias von der Hand des Rafael von Urbino«,
schreibt Summonte 1524. Und d’Engenio sagt: »In der Kapelle der Familie dello
Dolce oder Doce befindet sich ein herrliches Tafelbild, auf dem man Unsere liebe
Frau mit dem Kindchen auf dem Schoße, den Erzengel Rafael, der Tobias begleitet
(ein wirkliches Bildnis des Piko von Mirandola) und den hl. Hieronimus als Kardinal
[in dem man Peter Bembo erblickte] in seltener Vollkommenheit sieht. Das Ganze
ist das Werk Rafael Sanzios von Urbino, des hervorragenden Malers und Schülers
Peter Peruginos, der um 1512 blühte.« Das war im Jahre 1624. Vierzehn Jahre
später schleppte der Herzog von Medina, der Statthalter Neapels, mit Hilfe des
Dominikanergenerals Ridolfi das wertvolle Bild nach Madrid, wo es 1656 in den
Besitz Filipps IV, dann ins Eskurial, später ins M. kam. Es ist die Gottesmutter
mit dem Fisch, deren Anfertigung man ins Jahr 1513 setzt: Summontes An-
gabe 1512 dürfte das Richtige treffen. Eine Abschrift davon befand sich später in der
Sakristei der Kirche, jetzt ist sie in der Paulskirche1).
Celano, der Zeitgenosse Medinas, der von 1617 bis 15. Dezember 1693 lebte
und 1692 sein Buch über Neapel veröffentlichte, erwähnt noch ein zweites Bild
Rafaels, das sich ebenfalls in der Dominikanerkirche befunden hätte und nach
Capasso auch von Medina fortgeschleppt sei. »Auf der Epistelseite besagter Kapelle
[der Muscettola, der letzten links] sieht man eine Tafel mit der Jungfrau in
halber Figur das Kindchen im Arm und S. Johannes, ein geschätztes Werk
Rafaels.« Warum er nicht wie beim Tobiasbilde hinzufügt: »jetzt ist es zu unserem
1) Im Durchgang rechts. Eine andere in der Pfarrkirche von S. Agata bei Sorrent
(1. Kap. 1.).
 
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