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Rolfs, Wilhelm
Geschichte der Malerei Neapels: mit einem Titelbild in Heliogravüre, mit 13 Textfiguren und 138 Abbildungen auf 112 Tafeln — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.56470#0246
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232

Bild in S. Martin, das man ruhig der Mark-Werkstatt in die Schuhe schieben mag,
nicht in Frage. Das Bild in S. Anello, von De D. und Filangieri (noch 1898!)
als eine Gottesmutter mit Kind, dem Evangelisten Johannes, der hl. Magdalena und
Luzie beschrieben, befindet sich in einer Kapelle hinter dem Hochaltar und stellt auf
Holz eine Gottesmutter in Halbfigur dar, die ihr Kind ganz in der Art der Maria-
auf-dem Stuhl des Pitti an sich drückend auf einer Wolkenschicht erscheint, darüber
der Gottvater Rafaels mit den ausgebreiteten Armen; unten zwei Heilige in hübscher
Landschaft, der hl. Anton links, die hl. Luzie rechts. Das Ganze ist in erster
Linie rafaelisch, verwendet aber auch bolonjeser und venezianische Bestandteile.
Übrigens ist es stark übermalt. Von dem gleichen nachahmenden Künstler dürfte
auch das (ganz verdorbene) Kreuz ohne Heiland mit den beiden Marien (links) und
dem hl. Rochus (rechts) sein. Aus diesen zwei Bildern setzt der Fälscher das seinige
zusammen, indem er den hl. Anton und den hl. Rochus zu dem Evangelisten Jo-
hannes zusammenzieht und dafür einen Maler erfindet, den es gar nicht gegeben hat.
(Oder ist das jetzt im NM. befindliche, mit JOH • FILIPP C • 1545 gez. Bild, o. N.,
gemeint?)

XXXVI
Es gibt des Namens Lama mehrere Künstler, die verwechselt werden. So malt
ein Dominik Lama 1616 fünf Bilder frommen Inhaltes für den Gang des
Krankenhauses von S. Andreas-der-Damen; er erhält dafür wie für zwei Figuren,
eine über der Tür, eine andere in der offenen Halle des Krankenhauses 10 Dukaten.
An den von De D. ausführlicher behandelten Jordanoschüler Johann-Bernhard Lama
muß man wohl glauben, da er noch lebt und wirkt, während der Fälscher über
ihn schreibt1).
Von den näheren Verhältnissen unseres Johann-Bernhard (della) Lama wissen
wir nichts. Wenn man ihn um 1506 oder 1508 geboren sein läßt, so ist das falsch,
denn 1590 ist er noch urkundlich, 1598 noch als Maler tätig. Man wird seine Geburt
in die 20 er Jahre zu setzen haben. Ebensowenig war er Rafaelit, als der er gewöhnlich
in der Kunstgeschichte aufgeführt wird. Sich aus seinen Werken ein klares Bild von
ihm zu machen, ist indes sehr schwer. Denn alles Bedeutendere ist zerstört, noch
Vorhandenes zum Teil bis zur Unkenntlichkeit übermalt, etwas von ihm Gezeichnetes
nicht zur Hand. Doch ergibt die Prüfung, daß er nicht als Sabattinischüler zu gelten
hat, sondern in die Fußtapfen Vasaris trat. Daß er dabei dem Mark von Siena
ins Gehege kam, ist begreiflich, und ein ergötzlicher Brief an ihn von dem trefflichen
Kapaccio gibt von diesem Wettstreit, den man übrigens nicht als einen über künst-
lerische Grundsätze ansehen darf, zufällige Kunde. Offenbar hatten beide Künstler
1) Der unterm 2. Dezember 1568 urkundlich erwähnte Johann-Baptist Lama (Filan-
gieri) scheint ein Maurer gewesen zu sein.
 
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