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fülltes Heiligtum ist, wie wir oben sahen, die nach der Pulverexplosion von 1638
hergestellte Annakapelle der Pieta de’Turchini des Franz Recko (Kreuzschiff r.).
Andreas Vackaro malte das Mittelbild, die Seitenbilder mit Geschichten der hl. Anna
sind von Farelli, die darüber von Niklas Vackaro, Andreas Sohne, und die Statue
des Stifters im Gebet von Lorenz Vackaro. Ebenso ist das Bild mit der hl. Anna
und der jugendlichen Maria über dem Hochaltarbilde des Massimo in der Marien-
kirche-der-Fegfeuerselen (Purgatorio ad Arco) von Farelli. Endlich bestätigt
Celano die Bogenfresken der Kapelle des Regenten Fornaro und die der Kapelle
daneben, der Neuen Jesuitenkirche, nach dem Schiffe zu als Werk des Neapoli-
taners Farelli. Übrigens hat er auch die Ehre genossen, durch ein Gedicht des ge-
schwätzigen Giovanni Canale (1603—94) verewigt zu werden. Es ist an Momos
gerichtet und überschrieben: »Für die Bildersammlung des erlauchten Herrn Herzogs
von Atri, wo auf einem Bilde besagter Herr Unsterblichkeit trinkt. Ein Werk des
Ritters F. Giacomo Farello, des sehr berühmten Malers.« Der Herzog verschaffte
dem Künstler, der ihn Unsterblichkeit schlürfen ließ, aus Dankbarkeit das Kreuz des
Malteserordens, was ihm leicht wurde, da von 1680—90 ein Verwandter von ihm,
Gregor Karrafa, Großmeister war. Woraus man sieht, daß von jeher Orden nach
den gleichen Grundsätzen verliehen werden.
XLI
Der neapolitanische Hauptvertreter jener Sammelmaler Italiens der 1600, wie sie
eine absterbende Kunst neben einer neu hervorbrechenden ans Licht zu schieben
pflegt, ist Massimo Stanzione (auch Stanzioni). Seine Person wie seine Kunst ver-
körpern den Grundsatz aller Übergangszeiten: Niemandes Feind, aller Welt Freund.
Es sind keine großen Meister, keine Herrenselen: aber sie spielen oft eine größere
Rolle in der Entwicklung der Kunst als jene, und spiegeln weit mehr den allgemeinen
Gang der Kultur einer Epoche wider, als einzelne Feuergeister, deren vulkanische
Tätigkeit oft ebenso schnell erlischt wie sie emporgestiegen ist.
In Massimo ist in hervorragender Weise verkörpert, was Neapel unter der ma-
lerischen Kunst der 1600 versteht, soweit es alte Bahnen wandelt und sich vorsichtig
der neuen nähert: Er steht zwischen Vackaro und Ribera. Alle Farben von Rafael
an bis auf Reni herab sind da wie in einem Prisma vereinigt, und einzeln strahlen die
Meister des 16. Jahrhunderts uns bald aus diesem seiner Werke, bald aus jenem seiner
zahllosen Schüler entgegen. Wie groß mußte er, der mit niemandem stritt, weder mit
den Alten noch mit den Neuen, weder persönlich noch in seiner Kunst, den Zeitgenossen
erscheinen! In Neapel, wo alles Fehde, alles Machenschaften eifersüchtiger Künstler war
(die zu keiner Zeit und an keinem Orte sich durch Verträglichkeit ausgezeichnet haben),
in Neapel glänzte mit den Vorzügen römischer, bolonjeser, ja lombardischer Kunst ein
ganz Versöhnlicher, der sich auch dem aufsteigenden Gestirn des ernsten Ribera nicht
fülltes Heiligtum ist, wie wir oben sahen, die nach der Pulverexplosion von 1638
hergestellte Annakapelle der Pieta de’Turchini des Franz Recko (Kreuzschiff r.).
Andreas Vackaro malte das Mittelbild, die Seitenbilder mit Geschichten der hl. Anna
sind von Farelli, die darüber von Niklas Vackaro, Andreas Sohne, und die Statue
des Stifters im Gebet von Lorenz Vackaro. Ebenso ist das Bild mit der hl. Anna
und der jugendlichen Maria über dem Hochaltarbilde des Massimo in der Marien-
kirche-der-Fegfeuerselen (Purgatorio ad Arco) von Farelli. Endlich bestätigt
Celano die Bogenfresken der Kapelle des Regenten Fornaro und die der Kapelle
daneben, der Neuen Jesuitenkirche, nach dem Schiffe zu als Werk des Neapoli-
taners Farelli. Übrigens hat er auch die Ehre genossen, durch ein Gedicht des ge-
schwätzigen Giovanni Canale (1603—94) verewigt zu werden. Es ist an Momos
gerichtet und überschrieben: »Für die Bildersammlung des erlauchten Herrn Herzogs
von Atri, wo auf einem Bilde besagter Herr Unsterblichkeit trinkt. Ein Werk des
Ritters F. Giacomo Farello, des sehr berühmten Malers.« Der Herzog verschaffte
dem Künstler, der ihn Unsterblichkeit schlürfen ließ, aus Dankbarkeit das Kreuz des
Malteserordens, was ihm leicht wurde, da von 1680—90 ein Verwandter von ihm,
Gregor Karrafa, Großmeister war. Woraus man sieht, daß von jeher Orden nach
den gleichen Grundsätzen verliehen werden.
XLI
Der neapolitanische Hauptvertreter jener Sammelmaler Italiens der 1600, wie sie
eine absterbende Kunst neben einer neu hervorbrechenden ans Licht zu schieben
pflegt, ist Massimo Stanzione (auch Stanzioni). Seine Person wie seine Kunst ver-
körpern den Grundsatz aller Übergangszeiten: Niemandes Feind, aller Welt Freund.
Es sind keine großen Meister, keine Herrenselen: aber sie spielen oft eine größere
Rolle in der Entwicklung der Kunst als jene, und spiegeln weit mehr den allgemeinen
Gang der Kultur einer Epoche wider, als einzelne Feuergeister, deren vulkanische
Tätigkeit oft ebenso schnell erlischt wie sie emporgestiegen ist.
In Massimo ist in hervorragender Weise verkörpert, was Neapel unter der ma-
lerischen Kunst der 1600 versteht, soweit es alte Bahnen wandelt und sich vorsichtig
der neuen nähert: Er steht zwischen Vackaro und Ribera. Alle Farben von Rafael
an bis auf Reni herab sind da wie in einem Prisma vereinigt, und einzeln strahlen die
Meister des 16. Jahrhunderts uns bald aus diesem seiner Werke, bald aus jenem seiner
zahllosen Schüler entgegen. Wie groß mußte er, der mit niemandem stritt, weder mit
den Alten noch mit den Neuen, weder persönlich noch in seiner Kunst, den Zeitgenossen
erscheinen! In Neapel, wo alles Fehde, alles Machenschaften eifersüchtiger Künstler war
(die zu keiner Zeit und an keinem Orte sich durch Verträglichkeit ausgezeichnet haben),
in Neapel glänzte mit den Vorzügen römischer, bolonjeser, ja lombardischer Kunst ein
ganz Versöhnlicher, der sich auch dem aufsteigenden Gestirn des ernsten Ribera nicht