Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Rolfs, Wilhelm
Geschichte der Malerei Neapels: mit einem Titelbild in Heliogravüre, mit 13 Textfiguren und 138 Abbildungen auf 112 Tafeln — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1910

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.56470#0388
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
374

einer schnellen Leidenschaftlichkeit, großem breiten Munde mit Schnurrbart, hoher Stirn,
scharfblickenden kleinen Augen und lang auf die Schultern herabfallendem Haare.
Schüler Pretis sind nicht näher bekannt, obgleich er deren in Neapel und
Sizilien sicher wird gehabt haben. Giannone nennt für Neapel einen Josef Trom-
batore, von dem wir nichts weiter wissen, Capasso einen mittelmäßigen Schüler
namens Dominik Viola und seine Schwester Maria. Ein Verwandter Pretis, Gregor,
wird 1657 Mitglied der Lukasakademie, steht aber unserem Meister weit nach.

LIV
Kurz und gut: die ganze Welt hat gewünscht und wünscht noch heute, etwas von
ihm zu haben, denn allgemein wird er als der erste erachtet, der augenblicklich
auf der Welt ist . .« So schrieb in der dem Sol im en a gewidmeten Ausgabe des
Abecedario vom Jahre 1733 Don Antonio Reviglione, Doktor beider Rechte,
Schriftsteller, Dichter, Stichsammler, Liebhaber der Malerei und einer der besten seiner
Schüler, über die letzte große Gestalt der neapolitanischen Malerei — in seiner Art
und Echtheit vielleicht die am meisten hervorstechende — über Franz Solimena1).
Es ist schwer, sich von diesem alles überstrahlenden Ruhme heute noch einen
Begriff zu machen; noch schwerer, ihn sich zu erklären. Alle Welt reißt sich um
den Neapolitaner; Fürsten aus aller Herren Länder überhäufen ihn mit den schmeichel-
haftesten Briefen und, was dem geizigen Künstler mehr gilt, mit hochbezahlten
Aufträgen, senden ihm junge Künstler2), flehen ihn förmlich um Bilder für ihre
Galerien an, die ohne sie keine Bedeutung haben würden. Der greise Kurfürst
von Mainz drängt, das Gegenstück zu einer Aurora, einen Faeton, bald zu er-
halten, da er nicht lange mehr zu leben habe, und zählt die Tage, bis er sich in
dem sicheren Besitze sehen wird. Prinz Eugen schreibt dem Neapolitaner
eigenhändig die ausgesuchtesten Schmeicheleien und schwelgt in dem Gedanken, von
dem einzigen Meister Werke in seiner Galerie oder Privatkapelle zu haben (1720—31).
Filipp V ladet ihn nach Spanien, der König von Portugal nach Lissabon, der Herzog
von Orleans nach Paris ein, wohin zu gehen ihn nur der Ausbruch der Pest in Mar-
seille hindert. Kurz, Solimenas Ruhm ist überall und gleich dem Tizians im
16., Jordanos im 17., Tiepolos im 18. Jahrhundert über das ganze fürstliche und
höfische Europa verbreitet, freilich ohne dazu mehr als durch äußerliche Mache be-
1) Wörtliche Entlehnungen aus dem Abecedario finden sich bei De D. wieder, wie
sich dieser auch mit anderen Notizen über neapolitanische Künstler, die sich nur in der Aus-
gabe von 1733 finden, deckt. Alle diese Notizen, deren Stil sich gleicht, dürften auf Revi-
glione zurückgehen. De D. berichtet auch von ihm, er habe ein Buch über Kupferstecher,
Radierer, Holzschneider usw. angefertigt, das er seiner Zeit veröffentlichen werde, was indes
nicht geschehen ist. Minieri-Riccio kennt ihn nicht.
2) So läßt der Kurfürst von Trier durch einen Brief Dauns vom 3. Mai 1724 den
Deutschen Johann Konrad Sax empfehlen.
 
Annotationen