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Rolfs, Wilhelm
Geschichte der Malerei Neapels: mit einem Titelbild in Heliogravüre, mit 13 Textfiguren und 138 Abbildungen auf 112 Tafeln — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.56470#0336
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Tracht des Schriftgelehrten; inmitten des im schrägen Dreieck einfallenden Lichte der
in hellem Braun gemalte Knabe mit dem spärlichen Lichte, der prachtvolle Goldton
der Luft im Gegensatz zum Grau des Hintergrundes. Auch der gelbe Mann mit
dem weißen Turban ist eine Leistung ersten Ranges (Abb. 112). Von Salvator Rosa
mit verschlungenem S R gezeichnet und in die römische Zeit verwiesen ist das
Gleichnis vom Splitter und Balken, N. 84391. Das hohe Rechteck (2,00:1,20)
ist sehr mitgenommen und zeigt nur zwei fast lebensgroße Figuren, die das Gleichnis
des Evangeliums in der ganzen Fantasielosigkeit wiedergeben, die Rosa verfolgte: Der
Splitter wie der Balken, letzterer schier überwältigend, werden wirklich dargestellt. Im
Übrigen das gleiche Problem: Schwarze gegen lichtes Gelb dargestellte Massen; bei
dem Mann mit Balken ist die dunkle Masse stärker, das Gelb des Splittermannes kälter.
Alles Übrige, was man Rosa sonst noch in Neapel gibt, wird ihm mit Recht
abgesprochen und Schülern oder Nachahmern überwiesen. Dahin gehören der hl.
Rochus des NM., die Vier Stazionen in der Sammlung von S. Martin, N. 2913—16,
das Reitergefecht im Komohause, N. 1491. Auf der stark mitgenommenen
Schlacht des NM., N. 84038, spricht schon der feuernde Ritter in der Mitte gegen
Rosa, der so etwas nie darstellte (Abb. 113). Auch die pastös gemalte Landschaft
im Sturm mit den jagenden Wolken, den zerzausten Bäumen, dem Felsentor, voll der
düsteren Stimmung Ruysdaels, gehört nicht Rosa.
Rosas Einfluß auf die neapolitanische Malerei ist sehr gering. Er blieb Zeit
seines Lebens der selbstgebildete Impressionist mit lirischer Anlage zum Volks-
bilde, das sein Ehrgeiz zur heroisch-geschichtlichen Malerei emporzutreiben suchte:
diesen Ehrgeiz entfaltete er in Rom und Florenz. Wäre er in Neapel geblieben,
so würde vielleicht durch ihn eine neapolitanische Volksbildmalerei entstanden sein,
die auf Eigenartigkeit hätte Anspruch machen können. So formte sein brennender
Ehrgeiz ihn zu einem zwar tüchtigen und fleißigen Maler, aber zu keinem, der seiner
heimischen Kunst die Richtung hätte angeben können1).
Neapolitanische Vertreter des Volks- und Soldatenbildes sind die schon erwähnten
De Leone und vor allem Micko Spadaro.

XLVI
Celano bemerkt, Dominik Gargiulo (»Micko Spadaro«) sei sein neapolitani-
scher Landsmann gewesen2), der vorzüglich »kleine Figuren« gemalt und
darin mit Salvator Rosa gewetteifert habe, der deshalb von Neapel fortgegangen sei.
1) In den Kreis des Niklas Rossi gehörte der Römer Josef Tassone, der 1653
geboren mit Dreißig nach Neapel kam und dort 1732 starb. Als selbständiger Maler scheint
er nicht hervorgetreten zu sein. Gehört aber das dekorative Hirtenstück im Raume der
Marianischen Kongregazion in der Neuen Jesuskirche ihm, so hatte er in Rom wohl
unter dem Einflüsse Rosas gestanden.
2) Gegenüber den angeblichen Verunglimpfungen Vasaris pflegen es die Neapler Schrift-
 
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