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Beck, Paul A. [Editor]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 27.1909

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Nr. 5
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Weser, Rudolf: Die St. Sebastianus-Bruderschaft zu Gmünd, [1]
DOI article:
Selig, Theodor: Geschichte des ehemaligen Franziskanerinnenklosters zu Unlingen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22620#0092

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76

Nonnenklöster folgendes verordnet, und euch zur
pünktlichen Lxsoutioir aufgegeben haben.
1. Alle Nonnenklöster eueres Dekanatsbe-
zirkes stehen ohne Ausnahme unter euerer Auf-
sicht und Direktion, und allen denselben ehe-
mals ertheilteu Lxemplionsn oder sonstige Pri-
vilegien haben aufgehöret.
An euch, oder in außerordentlichen Fällen
sogleich an Unser Königliches Katholisches Geist-
liches Raths-Kollegium müßen und dürfen sich
wenden die Oberin, der Beichtvater und die
einzelne Klosterfrauen, wenn es ihr Amt erfor-
dert, oder wenn sie ein Anliegen haben oder
sonst eine Anzeige oder vertrauliche Eröffnung
machen wollen.
Ihr müßt dafür sorgen, daß alle landes-
herrliche Verordnungen, welche ihr Zusammen-
leben oder den Zusammenhalt betreffen, in diesen
Klöstern publiziert und genau beobachtet, durch
euch allein sind auch die Bischöfliche Verord-
nungen den beisammenlebenden zu insinuiren,
und es darf keine unmittelbare Korrespondenz
in Sachen des Klosters zwischen ihnen, und dem
Ordinariate, sondern nur mittelbar durch euch
geführt werden.
2. Keine einzelne Klosterfrau darf von der
Oberin oder dem Beichtvater unter Bedrohung
oder sonstiger fanatischer Vorstellung von dem
Rekurs an euch oder geradezu an Unser König-
liches Katholisches Geistliches Raths Kollegium
zurückgehalten werden. —
3. Der Chorgesang muß durchaus aufhören,
desto mehr Zeit aber der Arbeit und anderen
nützlichen Beschäftigungen gewidmet werden.
4. Ihr sollt nicht nur von Zeit zu Zeit
genau nachsorschen, ob der vorhergehende Punkt
wegen gänzlicher Aufhebung des Chorsingens
befolgt wird, sondern auch, ob die Oberin und
der Beichtvater nicht zum Nachteil der Arbeit
und der Freyhcit der geistlichen Individuen auf
unnütze, und ihrem gegenwärtigen Zustande nicht
mehr entsprechende Odservarm dringen.
5. Da das Bischöfliche Ordinariat bei Ge-
legenheit einer Visitation nicht nur erlaubt hat,
das vom Professor Dereser herausgegebene
deutsche Brevier, anstatt des lateinischen zu
bethen, sondern dieses deutsche Erbauungsbuch
den Klosterfrauen sogar empfohlen hat, und
auch andere Bischöfliche Stellen von diesem
Buche sehr vortheilhaft geurtheilt haben, so sollt
ihr euch mit dem Beichtvater, der Oberin, und
mit Individuen besprechen, und sie dahin zu
vermögen suchen, daß sie anstatt des unver-
ständlichen lateinischen Breviers das Deresische
deutsche annehmen, und da der Chor aufhört,
daraus eine gemeinschaftliche Morgen- und
Abendandacht in der Kirche halten.
6. Es sollen auch keine ehemals in den
Klöstern üblichen Kapitel mehr gehalten werden,
sondern die Abtißin oder Priorin soll die Fehler
einzelner Klosterfrauen zuerst in der Stille mit
Bescheidenheit und Liebe, und bei öfterer Wieder-
holung im Beiseyn einer oder der andern Mit-
schwester mit Ernst und Nachdruck ahnden, und
wenn dieß nicht hilft, oder eine Unverbesserlichkeit
sich zeigt, oder die Fehler in ein öffentliches Arger-
ins ausarten, sie dem visitierenden Dekan anzeigen.

7. Auch die in den Klöstern gewöhnlichen
Lxeroitisn wodurch oftmals die Gewissen nur
geängstigt werden sollen aufhören; wenn aber
eine Klosterfrau aus Privatandacht sie dennoch
vorzunehmen verlangt, soll es nicht anders als
mit ausdrücklich verlangter und erhaltener Er-
laubnis des Dekans geschehen; Diese Lxeroilion
sollen im Jahre höchstens einmal, und im Som-
mer und nur aus 2 Tage gestattet werden, Der
Dekan soll auch das Erbauungsbuch dazu be-
stimmen, und bei dem nächsten Visitations-
berichte anzeigen, welche Bücher er zu den Lxsr-
oitien vorgeschlagen habe.
8. In Hinsicht der Fasten soll es in allen
Klöstern so gehalten werden, wie die Ordinariate
dieselbe für alle katholische Christen, geistlichen
und weltlichen Standes allgemein im Königreiche
verordnen, und es soll keine weitere ehemals
von der Klosterverfassung übliche Beschränkung
stattfinden.
9. Den Klosterfrauen soll erlaubt sehn, täg-
lich Mittags nach dem Tische bei gutem Wetter
wenigstens eine Stunde lang, an Sonn- und
Feyertagen und bei besondern Anlässen noch
länger, im Sommer aber auch Abends nach
dem Tische im Garten spatzieren zu gehen, und
sich gemeinschaftlich zu unterhalten.
10. Für jedes Kloster ein dasiger oder be-
nachbarter inländischer Weltpriester, der euch als
ein discreter und aufgeklärter Mann bekannt
ist, unter bischöflicher Autorisation als extra or-
dinairer Beichtvater aufgestellt, von der Aufstel-
lung aber Unserm Katholischen Geistlichen Raths
Kolligio die Anzeige gemacht werden.
11. Dem außerordentlichen Beichtvater darf
jede Klosterfrau zu jederzeit, es mögen Festtage
oder Sonntage sehn, auch sonsten an allen
Beichtagen der Geistlichen Gemeinden, ohne daß
eine Beschränkung statt hätte, beichten. —
12. Will eine Klosterfrau außer dem ordi-
uairen und extra ordinairen Beichtvater in be-
sondern Anliegenheiten einen andern benach-
barten inländischen Weltpriester ihr Vertrauen
wiedmen, und ihm beichten, so soll es ihr eben-
falls gestattet werden, wenn sie sich bei euch
darum meldet, und der Priester die nöthige Er-
laubnis von dem Bischöfe erhalten hat.
13. Aller Verband mit ausländischen Obern
hat durch die Aufhebung des Klosters auf-
gehört; Es wird daher sowohl der Oberin und
dem Beichtvater, als den übrigen geistlichen
Individuen nochmals auf das strengste unter-
sagt, eine öffentliche oder geheime Verbindung
oder Korrespondenz mit ihren ehemaligen aus-
ländischen Ordens-Obern, Provinzialen, Akten,
Visitatoren oder mit auswärtigen Nonnenklöstern
u. s. w. in Ordenssachen zu unterhalten, von
ihnen Befehle oder Vorschläge oder Ordens-
regeln und Statuten anzunehmen, verkünden zu
lassen, oder etwas, was der gegenwärtigen Ver-
ordnung entgegen ist, ferner zu beobachten. —
Auch hierüber habt ihr strenge zu wachen, bei Visi-
tationen eine genaue Untersuchung anzustellen,
und jedes euch wie immer bekannt gewordenes
Dagcgenhandeln sogleich anhero anzuzeigen.
14. Es ist zwar den beisammenlebenden
Klosterfrauen erlaubt, in ihrer Klosterkirche oder
 
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