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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 27.1909

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Nr. 11
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Marquart, ...: Das Ellwanger Kirchenvermögen
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https://doi.org/10.11588/diglit.22620#0189

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173

sich als Hauptstifter in das Mittel stellte
und ihnen im Jahre 1686 zu dem ge-
nannten Zwecke 10,500 Gulden und im
Jahre 1712 durch letztwillige Verfügung
83,284 Gulden vermachte.
Alsdann fingen diese Ellwanger Jesuiten
an, das Kollegium und die Kirche zu
bauen, wozu ihnen die Bauplätze unent-
geltlich abgetreten wurden.
Das an das Jesuiten-Kollegiums-Ge-
bäude anstoßende sogen. Gymnasium aber
ward ganz aus den Landsteuern des ehe-
maligen Fürstentums Ellwangen herge-
stellt, das auch durch eine besondere Stif-
tung — die Freybergsche — unterhalten
wurde.
Ihren allmählich im Laufe der Zeit
erworbenen, ansehnlichen Geldgrundstock
wußten diese Jesuiten durch die ihnen
weiter zugeflossenen, frommen Vermächt-
nisse und Schenkungen zu vermehren, so-
daß derselbe bei Aufhebung der Gesell-
schaft sich über 70,000 Gulden erstreckte,
wozu der Weidenfelder Hof, den sie um
12,000 Gulden erkauften, der aber später-
hin wohl 20,000 Gulden wert sein mochte,
nicht zu rechnen war.
Die mit dem Kollegium verbunden ge-
wesene sogen. Jesuitenkirche besaß zuvor
niemals ein eigenes Vermögen; es stun-
den aber den Jesuiten bei der von ihnen
verwalteten Marianischen Kongregation
die Opfer zur Verfügung, mit welchen sie
die Auslagen auf die Kirchenornate und
andere gottesdienstliche Gerätschaften, in-
soweit diese nicht von Guttätern beige-
schafft wurden, zu bestreiten pflegten.
Als im Jahre 1773 der Jesuiten-
Orden aufgehoben wurde, war dieses Er-
eignis die Losung zu vielen Streitigkeiten
in Betreff dieser Jesuiten Güter, Stif-
tungen und deren Verwendung in der Stadt
Ellwangen; allein es ward von dem
Reichs-Hofrat zu Wien vielfältig und ein-
förmig erkannt, daß dieselben zu dem
gleichen Endzwecke, zu dem sie bestimmt
waren, wieder verwendet werden sollen.
Einem jeweiligen Landesregenten des
Fürstentums Ellwangen gebührten zwar
in solchen Dingen von jeher die oberste
Einsichtnahme und Anordnung. Man
konnte sich aber jeweils und wohl auch

künftighin zu dessen Weisheit und Milde
hoffnungsvoll versehen, daß auch bei den
kirchlichen Gerätschaften ihre eigentliche
Bestimmung werde beibehalten werden
und dieses bewegliche Vermögen nur in-
soweit werde veräußert werden wollen,
als es zum bestimmten gottesdienstlichen
Gebrauche überflüssig sein mag; daß je-
doch der Erlös aus dem Veräußerten dem
Studienfond, auf den dasselbe sich bezieht,
wieder werde zngewendet werden.
In Anbetracht der Stiftskirche und der
in derselben befindlichen gottesdienstlichen
Gerätschaften scheinen — so führt die
bereits erwähnte Vorstellung vom 18. Jan.
1803 aus — ganz irrige Begriffe vor-
zuwalten:
Diese Stiftskirche sei nicht die zweite
Pfarrkirche, sondern die allererste im
Fürstentum Ellwangen, von der alle üb-
rigen ausgegangen seien.
Als nämlich die französischen Bischöfe
Hariolphus und Erlolphus sich in den
Waldungen Ellwangens ansiedelten, war
gleich ihre Beschäftigung die Wildnisse
auszurotten und Kolonien anzurichten,
deren sie nach ihrem Tode schon 300 zu-
rückgelassen haben sollen. Um diese mensch-
lichen Niederlassungen in den Gottesdienst
einzuführen, war es ganz natürlich, daß
auch eine Kirche erbaut werden mußte,
welche den Ausgangspunkt bildete für die
Spendung der heiligen Sakramente und
folglich für sämtliche pfarramtlichen Ver-
richtungen. Erst als sich im Laufe der
Zeit diese Ansiedelungen auf mehrere Ort-
schaften erstreckten, mußten begreiflicher-
weise auch mehrere Pfarrkirchen entstehen,
worin das Volk seinen christlichen Unter-
richt und die heiligen Sakramente zu
empfangen hatte.
Die Stiftspfarrkirche blieb aber nicht
nur die Hauptpfarrkirche, sondern sie wurde
noch vor anderen besonders verherrlicht,
indem ihr PapstBenediktVIl. im Jahre 978
eine vollständige Ausnahmestellung bei-
legte und sie als ooolasiuin nullius
cki06668608 — d. h. als keinem Bistum
unterworfen, sondern unmittelbar unter
der päpstlichen Oberaufsicht stehend — er-
klärte. Selbst die Stadtpfarrei Ellwangen
wurde im Jahre 1163 dieser Kirche ein-
verleibt.
 
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