Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 3.1917/​1918

DOI issue:
Nr. 1
DOI article:
Binder, Bruno: Die Kunst in Steiermark
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52767#0029

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
19

Bela Konrad. Er gehört zu unseren aktuellsten, denn die Welt der Menschen,
die mit den Grundfragen des Lebens ringen, ist der Kunst neu. Konrad
entwirft täglich für ein Vorstadtblatt die Textbilder. Dabei erlebt er die
Tiefe des sozialen Gedankens täglich von neuem. Not und Elend sind Dinge,
mit denen er sich jeden Tag auseinandersetzen muß, für die er immer
wieder eine andere Darstellungsformel zu finden hat. Seine Bilder sind ge-
schmackvoll in der Zeichnung, glänzend in der Technik, ohne in den ab-
stoßenden Stil der Maler zu verfallen, deren Bilder auf jede Bildwirkung
verzichten.
Von den Plastikern kommt diesen beiden Künstlern August Rantz am
nächsten. Wien, München und Paris waren seine Schule. Er brachte auch
als erster den modernen Zug der Bildhauerei in seine Vaterstadt. Weil es
an anderen Aufträgen mangelt, blieb ihm nur die Friedhofsplastik, was ent-
schieden nur zu bedauern ist. Aber die Stadt gibt gern an die 300.000 K
für die Theater, hat aber nur ungefähr 2000 K für die bildenden Künste
übrig. Wie soll dabei etwas für einen Bildhauer abfallen? Gelassen, geklärt,
positiv sind Begabungen, die man Rantz nachrühmen darf. Auch bleibt er
immer materialecht, ob er jetzt Marmor oder Sandstein unter seinem Meißel
hat oder ob er in Fayence oder Bronze schafft.
Das Lyrische der Zeitstimmung in modernbreitem Vortrag erfaßt Franz
Gruber in seinen Landschaften. Sie gehören zu den besten Stücken, was
in diesem Stil in steirischer Landschaft geschaffen wurde. Die Gegend ist
nur mehr die Voraussetzung einer Stimmung. In der Technik ist Gruber
Impressionist im Stil eines Kuehl.
In der Stimmungsmalerei verwandt ist ihm Heinrich Goll ob, dessen
Stilleben, für die Landschaft und fürs Bildnis braucht er noch Entwicklung,
zu den schönsten dieser Art gehören. Alle Werke von ihm sind durchglüht
von einer leuchtenden Farbenfreudigkeit, die er oft durch geschickt ange-
wandte Spachteltätigkeit noch zu steigern weiß.
Man wird die Mannigfaltigkeit der künstlerischen Stile, die in der
Steiermark gegenwärtig vertreten sind, am deutlichsten gewahr, wenn man
sich von Gollob weg, der heute den äußersten Endpunkt der steirischen
Kunst darstellt, vor die Arbeiten Adolf Wagners versetzt. Ein Jahrhundert
trennt diese Stile und Techniken. Es ist die Zeit des Wiener Alts, an die
Wagner uns erinnert und diese Parallele ist verblüffend. Neben den Land-
schaftsveduten aus dem Süden sind die rekonstruktiven Darstellungen heimi-
scher Baukunst sein Lieblingsgebiet. Mit intimer Liebe für das Einzelne und
Feinste schildert er, verliert dabei das Ganze, die Form nie aus dem Auge
ebensowenig wie den Schwung aus seinen alternden Fingern. Sein Pinsel-
strich ist der Originalstrich seiner Persönlichkeit. Auf vielen Blättern hat er
den Lobgesang vergangener heimischer Kunst gesungen, einige davon er-
klingen in sanften Harmonien wie heimliche Abschiedslieder.
In der Gedenkschrift zu seinem 70 Geburtstag sagt Dr. Hanns Lö-
schnigg: „Man erinnere sich an seine Bilder, die die restaurierten Fora von
Rom und Pompeji darstellen. Kein Archäolog von Fach wird daran eine
Aussetzung machen können. Und wie vielseitig ist das Gebotene? Die helle
südliche Landschaft Italiens, deren Bauwerke, die episch ruhige Landschaft
Dalmatiens, die vielfarbige Pracht der Alpenlandschaft, die düstern Mal-
geheimnisse alter Tempel und Gotteshäuser, alles löst sein Pinsel spielend
 
Annotationen