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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 3.1917/​1918

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Nr. 2
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Frimmel, Theodor von: Malerische Naturbeobachtungen, 1
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Joh. Wilh. Baurs Ansicht aus dem Wiener Prater
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https://doi.org/10.11588/diglit.52767#0055

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leuchtet sind, während die Sonne rechts im Himmel dargestellt ist. Ähnliche
Unstimmigkeiten sind nicht selten, und ich habe schon längst in bezug auf
Mondesdarstellungen über den „mißbrauchten Mondschein“ geschrieben.
Die angeblich teilweise sichtbare Sonnenscheibe auf dem Bild mit den
drei Philosophen von Giorgione in der Kaiserl. Galerie zu Wien ver-
dankt ihre Entstehung, wie es scheinen will, einem der vielen Restauratoren,
die schon vor Zeiten auf dem Bild herumgepinselt haben. Sicher ist der
größte Teil dieser Sonne Übermalung. Die Beleuchtung des Bildes weist
auf einen Sonnenstand hinter dem Maler links und nicht vor ihm. Die
Abendröte am östlichen Himmel kann nur sogenannter Widerschein von der
Sonne sein, die hinter dem Beobachter eben vom Horizont überschnitten wird.
Für die Darstellung der höher stehenden Sonne sind Claude Lorrain,
Turner, Rottmann in erster Reihe zu nennen. Sie haben eine leichte
Dunstverschleierung gewählt, um einigermaßen dem Sonnenglanz gerecht zu
werden, zu welchem dann das übrige in Gegensatz oder Übereinstimmung
gebracht ist. In einigem künstlerischen Abstand ist auch Lorenz Schönberger
zu erwähnen, von dem vor Jahren im Wiener oberen Belvedere ein Gemälde
zu sehen war, das die Sonne am späten Nachmittag darstellte. (Kraffts
Verzeichnis von 1837, S. 313, Verzeichnis von 1869, S. 33, fehlt schon im
Katalog von 1878. Eine verkleinerte Kopie oder Wiederholung bei Herrn
Ingenieur Fried. Drexler in Wien.)
Ich kenne ein Bild von Robert Russ, auf welchem die riesige
Scheibe des tiefstehenden Mondes rötlich dargestellt ist, wie sie durch das
Geäste eines Waldes gesehen wird. Harrison hat in neuester Zeit mit
großem Erfolg die blutroten Sonnenuntergänge bevorzugt. Die späte Nach-
mittagssonne bei leichter Wolkenverschleierung, aber noch als Scheibe unter-
scheidbar, ist jüngst durch Hans Wilt gemalt worden. Das Wiltsche Bild
(„Abend bei Amalfi“) war 1917 im Wiener Künstlerhaus ausgestellt. (XXXL
Ausstellung des Aquarellistenklubs, Nr. 47 des Katalogs.) Wilts Kunst be-
nutzt gewöhnlich kräftige Farbeneindrücke aus der Natur, um danach Bilder
zu komponieren, die durchaus einen bestimmten, so sehr eigenartigen Stil
zeigen, daß man sie nicht als eigentlich realistische Wiedergabe der Natur-
eindrücke bezeichnen kann.
(Wird fortgesetzt.)

JOH. WILH. BAURS ANSICHT AUS DEM WIENER PRATER.
Ein Blatt, das zwar längst bekannt, aber dennoch mehr als halb ver-
gessen ist, liegt mir vor in der Praterlandschaft von Joh. Wilh. Baur, die
uns durch Melchior Küsels Radierung überliefert ist. Sie gehört der Reihe
„Iconographia“ an, die sehr geschätzt wird. Das Urbild von Baur war
wohl eine miniaturartige Deckfarbenmalerei auf Pergament oder eine Zeich-
nung, jedenfalls eine Arbeit von künstlerischer und darstellerischer Bedeu-
tung. Die verkleinerte Nachbildung nach Küsels Radierung ist auf Tafel XIII
zu finden und dürfte alle jene anziehen, die sich für die Geschichte der
Wiesen, Wälder und Gehölze im Prato von Wien, im Prater, erwärmen
können. Und wer kann teilnahmslos bleiben einer geradezu weltberühmten
Örtlichkeit gegenüber? Für Jagdfreunde mag dem Baurschen Blatt noch eine
 
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