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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 3.1917/​1918

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Nr. 2
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Joh. Wilh. Baurs Ansicht aus dem Wiener Prater
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https://doi.org/10.11588/diglit.52767#0056

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besondere Anziehungskraft zukommen; ganz abgesehen endlich von der
stilvollen, fein gestimmten Wiedergabe einer Art von Landschaft, wie man
sie wohl noch vor Jahren an vielen Stellen des Praters zu sehen bekam,
wie sie aber heute kaum mehr unverfälscht zu finden ist. Ganze Stadtteile
sind ja von mehreren Seiten her in den Prater hineingewachsen, der Donau-
hafen hat manches malerische Bild zerstört, und was zu Baurs Zeiten noch
ein selten betretenes Jagdgebiet gewesen war (erst 1766 wurde der Prater
für die Bevölkerung freigegeben), ist jetzt von ungezählten Fahrstraßen und
von allerlei Schienenwegen durchschnitten. Baur saß noch in wirklich
freier Natur, als er zeichnete.
Ein bis zu einem gewissen Grad stimmungsverwandtes Praterbild mit
einer vornehmen Jagdgesellschaft ist noch das große Blatt nach Ignaz Duvivier
von Franz Asner 1795 gestochen.
Der Prateransichten mit mannigfachen Figuren darauf gibt es gar viele,
doch begnüge ich mich heute mit der Vorführung des alten Blattes aus der
Zeit gegen 1640.
Joh. W. Baur*) war Elsässer von Geburt. In Straßburg ist er zur Welt
gekommen, wie es scheint, vor 1600. Um 1630 ist er in Italien nachweisbar,
1631 in Neapel, 1633, 1634 und 1637 in Rom (Zeichnungen mit Datie-
rungen im Straßburger Museum, wo ich sie durch Geiboths Freundlichkeit
zu Gesicht bekommen habe). 1631 zeichnete Baur den Ausbruch des Vesuvs.
1634 malte Baur ein Bild in Rom. 1637 wurde der Künstler Hofmaler Kaiser
Ferdinands in Wien. Dort starb er 1640. Ich meine, der Künstler würde
eine eingehende Bearbeitung sehr wohl verdienen. Seine Figürchen sind
ganz prächtig gezeichnet, seine Landschaften haben Stil. Der Louvre hat es
nicht verschmäht, eine Reihe von Baurschen Miniaturmalereien (eine davon
ist signiert und mit 1634 datiert) auszustellen. Schon um 1750 ist im
königlich französischen Besitz nachweisbar ein kleines Kupferbild mit Salo-
mon und der Königin von Saba (vgl. F. Engerand: Inventaire des tableaux du
roi, Bd. II, S. 603).
Erzherzog Leopold Wilhelm in Brüssel besaß zwei Schlachtenbildchen
von unserem Künstler. Der Maler P. Lely beherbergte in seiner Sammlung
auch ein Gemälde von Baur: „The blessed virgin, the child Jesus and
Joseph“ (vier englische Fuß' hoch, drei Fuß und einen Zoll breit, vgl.
Br. Fairfax: „A catalogue . . London 1758). Im alten fürstlich Liechtenstein-
scheu Besitz befanden sich 26 Baursche kleine Bilder verschiedener Art (dar-
unter wohl auch Vorbilder für Küsels Radierungen), die in Fantis Katalog
aufgezählt sind (S. 39 f und 48, siehe auch Bd. II, S. 71 ff.).

*) Zu J. W. Baur hauptsächlich Julius Meyers Künstlerlexikon, Frimmel: Ge-
schichte der Wiener Gemäldesammlungen, Bd. 1, S. 19f. und 155. Seither Thieme-
Beckers Allgemeines Künstlerlexikon. Die Vorbilder für die vielen Küselschen Radie-
rungen nach Baur müssen erst methodisch aufgesucht werden, wenn anders sie über-
haupt noch erhalten sind. In der Sammlung des Prinzen Philipp von Coburg befand
sich vor etwa 20 Jahren ein kleines Guaschbild mit der Auffindung des Schleiers
durch Leopold den Heiligen. Vielleicht hat dieses Bildchen als Vorlage für die ent-
sprechende Darstellung in Baur-Küselsche „Iconographie“ gedient. Die Guasch trägt
die Inschrift:
„Wilh Baur
pinxitt
1638“
 
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