Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 3.1917/​1918

DOI issue:
Nr. 1
DOI article:
Frimmel, Theodor von: Die Sammlung Skutezky in Raigern
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.52767#0011

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
1

DIE SAMMLUNG SKUTEZKY IN RAIGERN.
Bisher viel zu wenig gekannt ist der Gemäldebesitz, dem die folgenden
Zeilen gelten. Es ist die Kunstsammlung des Herrn Fabrikanten Arnold
Skutezky zu Groß-Raigern in Mähren, die neben vielem anderen wert-
vollen Kunstgut eine Menge bedeutender Gemälde umfaßt. Ein Teil der
Sammlung ist in einem Oberlichtsaal, anderes in Skutezkys Wohnräumen
aufgestellt. Der Sammler verfügt über ausgebreitete Kenntnisse, die er sich
in Jahrzehnte währendem Fleiß erworben hat. Mit den meisten bedeutenden
Kunstländern durch Reisen vertraut, hat er viel gesehen, studiert und dabei
nicht weniges für sein kunstgeschmücktes Heim erworben: Kunstgegenstände
verschiedener Art, Münzen und Medaillen, Zeichnungen, Porträtminiaturen
und, was uns an dieser Stelle besonders angeht, große Gemälde mannig-
facher Art. Italiener, Deutsche, Vlaamen, Holländer, Spanier, Franzosen, Eng-
länder sind dort zu finden. Einiges daraus sei mit freundlicher Bewilligung
des Besitzers hervorgehoben, besprochen und abgebildet. Ein beschreibendes
Verzeichnis aller Bilder zu geben, ist zunächst nicht beabsichtigt.
Mit den Italienern beginnend, ist eine Madonna sizilianischen Ur-
sprungs voranzustellen, die starken venezianischen Einfluß verrät (Tafel I.
Das Gemälde, auf Holz gemalt, mißt in der Höhe 62’5, in der Breite 49’5).
Man kann sich an dem lieblichen Bild erfreuen, für das ich auch einen be-
stimmten Namen vorzuschlagen habe. Ich nenne den Antonello de Saliba
als Meister, auch genannt Antonius Messanensis, aber nicht zu verwechseln
mit dem berühmten Antonello da Messina. Das wichtigste Hauptbild des
Antonello de Saliba ist die Madonna mit dem aufrechtstehenden Christkind
im Museum zu Catania (abgebildet in der Zeitschrift „L’Arte“ 1904, Bd.VIl,
S. 273). Ganz abgesehen von der allgemeinen stilistischen Übereinstimmung,
die auf eine Mischung Bellinesker Kunst mit der Malweise in der Gruppe
des richtigen Antonello da Messina hinweist, ist die Modellähnlichkeit zwi-
schen der Madonna Skutezky und dem Bild in Catania höchst auffallend:
dasselbe feiste Christkind mit einzelnen Übereinstimmungen aller Formen
und dieselbe Maria. Die Madonna Skutezky ist überdies eine nahe Ver-
wandte der signierten Madonna von Antonello de Saliba im Kaiser-Friedrich-
Museum zu Berlin, und ein Schwesterbild wird als unbekannter Meister (aus
dem Kreis des G. Bellini, Rondinelli und Pietro da Messina) im Franzens-
museum zu Brünn bewahrt.*) Vor zwanzig Jahren wies ich auf eine gewisse
Ähnlichkeit des Brünner Bildes mit Pietro da Messina und Rondinelli hin.
Seitdem aber die wichtigsten Bilder des Antonello de Saliba durch Abbil-
dungen bekannt geworden sind (1904 in der „L’Arte“ durch Brunelli), neige
ich auch bei der Brünner Madonna zur Benennung A. d. Saliba. Für die
Madonna Skutezky in Raigern steht die Benennung nahezu fest. Dieses
Madonnenbild hatte früher Cima da Conegliano, B. Montagna und noch
anders geheißen. Antonello de Saliba war ein Zeitgenosse der genannten
Maler. Er lebte etwa zwischen 1460 und 1536. Sein Tod scheint 1535 oder

*) Dahin gelangt als Schenkung des regierenden Fürsten Liechtenstein. — Abge-
bildet und beschrieben in den „Annales“ des genannten Museums von 1896, S. 81 ff.
1
 
Annotationen