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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 3.1917/​1918

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Nr. 2
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Frimmel, Theodor von: Tizians Skizze zum Petrus Martyr
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https://doi.org/10.11588/diglit.52767#0044

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des Pordenone ist in der Uffiziensammlung zu Florenz erhalten. Palmas
und Tizians Zeichnungen gelten als verschollen. Von den Farbenentwürfen
sind die des Pordenone und des Palma verschollen, wogegen Tizians
Farbenskizze, die gleichfalls als verloren galt, nunmehr wieder zum Vor-
schein gekommen ist. Die Konkurrenz wurde 1525 veranlaßt. 1530 war
Tizians Bild fertig.*) Die Bruderschaft vom Petrus Martyr zu Venedig in San
Giovanni e Paolo hatte die Konkurrenz ausgeschrieben und das Bild für
den Bruderschaftsaltar durch Tizian ausführen lassen, nachdem dieser aus
dem Wettbewerb siegreich hervorgegangen war.
Tizians Entwurf sei später zu Bologna im Privatbesitz gesehen worden.**)
Neben dem großen Gemälde, das nach jenem Entwurf für die Kirche San
Giovanni e Paolo ausgeführt und bald in der ganzen Kunstwelt berühmt
wurde, hat man sicher ehedem die Skizze als lediglichen Behelf zur Her-
stellung des eigentlichen Werkes wenig geschätzt und beachtet, nachdem
einmal die Ausführung im großen fertig war. Heute liegt der Fall anders.
Das große Altarbild ist, schon recht heruntergekommen,***) im Jahre 1867
verbrannt, wenigstens zum größten Teil, und eine Kopie von L. Cigoli be-
findet sich an der Stelle des Tizianschen Meisterwerkes. Die wenigen er-
haltenen brauchbaren angebrannten Reste des großen Bildes befinden sich
in der Sammlung des Herrn Stadtrates Ludwig Zatzka in Wienf) und
lassen die Farbenpracht des großen Altarbildes nur mehr ahnen. Schon
dadurch gewinnt die Skizze des Meisters ungeheuer an Bedeutung. Überdies
sind eigenhändige Arbeiten Tizians heute schon überaus selten zu entdecken,
und das Verständnis für die frische Unmittelbarkeit einer Skizze neben dem
mehr berechneten Wesen eines durchgebildeten Gemäldes ist sicher in
neuerer Zeit weiter verbreitet und vertieft worden, als es sonst nachweisbar
war. Nicht zuletzt haben einige bedeutende Talente unter den Impressio-
nisten durch Pinsel und Wort dem feineren Verständnis der skizzenhaften
Auffassung den Weg bereitet. So bedarf es denn keiner Rechtfertigung,
wenn die Tiziansche Skizze zum Petrus Martyr abgebildet und verhältnis-
mäßig eingehend besprochen wird. (Vgl. Tafel XVIII. — An einen großen

*) Die lange Urkunde vom 27. April 1530 über die Bezahlung ist vollständig ab-
gedruckt bei Crowe und Cavalcaseile: Tizian (deutsch von Jordan), I. S. 364. Zur
Ausschreibung vgl. G. Ludwig im Jahrb. d. K. preuß. K.-S., XXIV. Beiheft. S. 69.
**) So berichten Crowe und Cavalcaseile nach Scanelli, dessen Mikrocosmo mir
jetzt nicht zugänglich ist. 1676 wurde im Besitz des Grafen Cesare Gonzaga di Novel-
lara ein „Quadro in tela: San Pietro Martire di Tiziano" ohne Abmessungen ver-
zeichnet, das möglicherweise aber gar nicht sicherer mit dem neuaufgefundenen Ent-
wurf zusammengeht. In späteren Zeiten wird jener Quadro in Noveilara nicht mehr
vorgefunden. (Vgl. Campori, Raccolta di cataloghi ed inventari inediti, S. 204, und den
Abdruck eines später fallenden Verzeichnisses aus Novellara.)
***) Durch oftmaliges Waschen zum Zweck der Aufhellung, wenn das Bild kopiert
wurde, hatten die Farben gelitten. Schon zu Boschinis Zeiten, also um die Mitte des
17. Jahrhunderts, war die große Tafel nicht mehr gut erhalten gewesen. 1802 litt sie
dann neuerlich Schaden beim berüchtigten Bilderraub der Franzosen, und zwar durch
den Transport zu Schiff nach Marseille. Bei Gelegenheit eines bösen Sturmes drang
Wasser in die Bildkisle und der Leimgrund wurde dadurch aufgeweicht. Die Farbe
begann sich abzubröckeln. In Paris übertrug dann Hacquin das Gemälde vom Holz
auf Leinwand. (Vgl. Horsin Deon, De la Conservation et de la restauration des tableaux,
S. 11 f.) Ich füge hinzu, daß Hacquin die alte, schon oft restaurierte Farbenschicht
auf gelblich-rot grundierte neue Leinwand gebracht hat.
t) Sie werden im nächsten Heft abgebildet und eingehend besprochen.
 
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