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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 3.1917/​1918

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Nr. 4
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https://doi.org/10.11588/diglit.52767#0162

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Dasselbe wäre auch bei vielen anderen Gemälden in dieser Kunstschau an-
zuraten — aber nur bei verhältnismäßig wenigen möchte ich mich so weit
entfernen, daß —. Von unleugbarem Kunstwert sind die Moriz Melzer-
schen Arbeiten im VII. Raum, die bei aller Wurstigkeit der menschlichen
Körper und Wunderlichkeit mancher Motive doch ein gesundes Formen-
gefühl bekunden und in bezug auf die Färbung neue Töne anzuschlagen
wissen. Daß Melzer den Zauber alter Kunst, besonders der alten Bronze-
plastik und alter Zeichnungen auf farbigem Papier, hat augenscheinlich auf
sich wirken lassen, ist eher ein Vorzug als eine üble Eigenschaft. Nirgends
eine Entlehnung, nur Anregungen. Überall frische Eigenart, wenn auch von
etwas rauher Art. Georg Kars im VIII. Raum ist sicher ebenfalls originell
und rauh, aber der Kunstfreund vermißt bei ihm die Achtung vor der Wirk-
lichkeit und stößt sich an verbogenen Formen, an niederträchtiger Perspek-
tive und an langweiliger Färbung. Derlei Arbeiten zu machen, ist keine
Kunst. Ich vermute absichtliches Verzerren, ein Verblüffenwollen. Daher ent-
schiedener Widerspruch. Ist wirklich Talent da, so wird der Maler gewiß
ohne Schwierigkeiten einen anderen Stil finden, der ihn dann als richtigen
Künstler zeigt. Nur wenig Erfreuliches erblickte ich auch im IX. Raum und
in einigen folgenden. Doch sind da einzelne Arbeiten eingestreut, die zu
fesseln verstehen, besonders mehrere Kunstblätter, unter denen solche von
Melzer, Uriel Birnbaum, L. FI. Jungnickel, Alfred Kubin zu nennen und
die Schieleschen Arbeiten hervorzuheben sind. Auch als Zeichner tritt
Schiele führend auf. (Wien, 2. März 1918.) Fr.
Wien. Der rege Kunsthandel, der jetzt in ganz Mitteleuropa und auch
in den neutralen nordischen Staaten zu beobachten ist, dehnt sich auch nach
Wien aus. Von ungezählten Bilderverschiebungen unter Privaten hört man
reden. Bei den Versteigerungen kann man selbst zusehen, wie heftig die
Besitzer der Bilder wechseln. Und an Versteigerungen war in Wien im
Lauf des Spätwinters kein Mangel. Sogar ein neues Auktionshaus ist zu-
gewachsen, und zwar F. Malotas Buchhandlung und dessen Kunstanti-
quariat. Gegen Ende des Januar war dort die erste Versteigerung von Kunst-
sachen, hauptsächlich von alten Gemälden. Für einen ersten Versuch war diese
Auktion nahezu überraschend gelungen. Ein Karl Aigen stieg bis 8500 K,
ein fesselndes holländisches Bild (das zerstreuterweise auf Hiob Adr. Berck-
heyde getauft war) brachte 10.000 K (ging an T.), eine kleine monogrammierte
Landschaft von Adriaen Bloemaert wurde mit 6000 K zugeschlagen, ein
Georg Decker mit 2900 K, ein Ed. Ender mit 2700 K, ein Hoguet mit
2000 K, Joh. Peter Krafftsche Bildnisse mit je 4000 K, ein vorzügliches
Herrenbildnis aus Alt-Wien (wohl von J. B. Reiter, auch als Werk Ranftls an-
gesprochen) mit 12.000 K. Bildnisse vonTominz erreichten 5000 und 3700 K.
Für kleine Bilder von Albert Zimmermann zahlte man 1250 und 1000 K.
Bei Albert Kende (dessen Kunsthandlung seit 1. März in der Herren-
gasse 5 im Palais Wilczek zu finden ist) wurde eine große Kunstversteigerung
vom 20. bis 23. Februar abgehalten. Ich konnte nur weniges genau be-
trachten und der Auktion nicht beiwohnen, so daß ich mich auf eine all-
gemeine Erwähnung beschränken muß.
C. J. Wawra brachte der Reihe nach unter den Hammer: August
Schäffers künstlerischen Nachlaß am 14. Februar, die Sammlung Karl Lugner
am 26. Februar und den zweiten Teil der Sammlung Lobmeyr im März.
 
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