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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 17.1917/​1918

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Heft 11
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XVII, fjcft

X>te IPerfftatt ber Kimft.

93

unb 3U ffeigern, fonbern aud? in ben oerbünbeten unb neu«
traten £änbern ben befonberen EDert unferer beutfdjen
Knnffempffnbung anb unferer fünfflerifdjen (Eatfraft 3U
erweifen. Htdjt bloß um gefdjäftlidjer Hütjlidjfeit willen,
fonbern and? aus einer geiffigen Hötignng, ber (Beltenb*
madjang unferer EDefcnsart maß bas beutfcfje Kunftge«
werbe auf ben lediger ETCeffen einbrucfsooll 3a EDorte
fommen.

Itatur uttö Kuitft.
(Einer UbljanbluTtg, bie ETC aj £iebermann unter bem
(Eitel „Elnfdjauung unb 3^ce“ *n &er §eitfdjrift „Kunff
unb Künftler" oeröffentlidjt fyat, feien bie folgenben Sä^e
entnommen.
„Hunft ffecft nid?! in ber ETatnr, wie Dürer meint,
fonbern in ber Seele bes Künftlers: wer ffe aus ber Seele
heraus fann reißen, ber fjat ffe. Die ETatur ift ni(fjt bas
Sujet, bas SnbjeFt, fonbern bas ©bjeft ber Knnft, fte ift
ber Sti(frahmen, in ben ber Künftler feine (Empffnbungen
unb (Befühle tjineinwebt. Sie bietet ihm bie (Selegenljeit
3ur (Entfaltung feiner Kraft; in biefem Sinne ift es 3U oer«
flehen, wenn (Soethe alle feine <Sebicf?te (Selegenheitsge*
bidjte nannte; bie Hatur ift nur ber 3ufällige Einlaß für
ben Elusbrucf ber (Empffnbungen bes Künftlers, bie, wenn
er IHaler ift, ber Elusbrucf feiner ihm innewoljnenben ,form
ffnb. Pie ihm eigentümliche (form liegt in ihm non ber
(Beburt an, fte ift bie Ut$eüe, aus ber ffdj fein (Benie ent«
wicfelt, wofür idj freilich feinen anbern Beweis erbringen
fann als ben ber Hotwenbigfeit, gerabe fo wie Kant bas
Dafein (Bottes nur mit ber ETotwenbigfeit feiner (Ejifte^
bewiefen tjat. 2lus biefer Ur3elle entwicfelt ftd? bie (form
für bie EDirflidjFcit, fte 3wingt ihm bas Bilb auf, bas er
oon ber JX>trflidofeit barffellen muß. Denn bas unterfchei*
bet ben edjten Künftler oom Kitfchmaler, baß er nidjt an«
bers malen fann als er malt, wäljrenb ber Kitfdjmaler
malt, wie es bie EHobe oerlangt. Daher ftnb alle Hegeln
unb Dorfdjriften ber Eleftljetif, unb fämen fie oon ber hoch*
ffen Eiatoritüt, ffnnlos; bas (Benie wirft fte über bett fjaufen,
ba es fein eigener (Sefe^geber ift unb nur bem (Sefeij folgt,
nach &etn es angetreten."

Denftmaljodtel ofjitc Denftmöler.
Unter bem (Eitel „Htit ober ohne? 3n Sachen ber Denf«
müler" oeröffentlidjte Eloenarius im „Deutfdjen EDillen"
(Knnftwart), 5f. 3abr(jattg, fjeft ben folgenben Eluffatj,
ben wir wegen ber (Originalität bes (Einfalls wiebergeben,
ohne uns baburch mit bert Einsführnngen bes befannten
Kulturfdjriftffellers rücfljaltlos einoerftanben erflären 3U
wollen:
„Bei Stäbten mit weniger (Einwohnern als hnnbert*
taufenb, fo fpottet eine Sage, barf ihr bron3ener Ejelben«
faifer ftehn, bei Stäbten mit mehr aber muß er reiten,
unb bei Stäbten über einer halben Ulillion befommt er
noch ElHegorie-Dienerfdjaft mit hinauf. Daß ber <£r3mangel
uns oon bem (Beift, ber hi*c oerladjt wirb, befreit, bas ift
ja 3n hoffen. 3$ meine aber, er fönnte uns noch oon
einem oiel allgemeineren Uberglauben befreien. Don bem,
baß überhaupt etwas hinauf muß*. Unb ich habe f?off>
nung, baß es ba3u Fomme, wenn nach <2in3iehung fo«
unbfo oieler bronsener Ejerrfdjaften 3um bfeeresbienfte bie
£eute ffdj baran gewöhnt haben werben, bie poffamente
ohne fie 3a fefjn. Utöge man fd?Iießlid? fo weit gefräftigt
fein, baß man auf bie (frage: was foll auf bie oerwaijien
Socfel? — bie einfache Untwort geben fann: nichts.
Seht bod? unfre Denfmäler enblicfj einmal nicht mit
ber angelefenen unb aufgerebeten Uteinung, feht ffe mit
ben Elugen anl EDas ftnb benn ba biefe er3enen ©ff^iere
unb gioiliffen 3U (fuß unb 3U Pferb? Starre Säalentjeili*
gen-EHamien oon Ueberlebensgröße ffnb ffe, beffenfalls
rieffge Schablonen, bie ba ffehn, wo ffe nicht hingehören.

3m bebedften Haum, wo man ben rechten Stanbpunft wüh«
len, wo man bas £idjt leiten Fann, wo ffe oor Unbilben
gefchü^t ffnb, wo ihr (SeffdjtsausbracF herDor^t^ oielleidjt
ba würben ffe wirfen. ETidjt wo bie Sonne ffe mit
(Slan3ffe<fen betupft, ber Hegen ihnen bie Baden flatfdjt,
ber Schnee ihnen Etarrenmütjen auffe^t, ber Haß auf ihnen
herummalt wie ein unge3ogener Bub, unb bie niebrige
weiße (Taube ffe prangenber beforieren fann, als ber aller«
hödjfte Sdjwa^e Ubier. EDas foll benn bei ihnen in bie
(ferne wirfen? Der Uusbrucf bes (Seffcfjts? Den erfennt
man faum. Der Umriß? Der (Seiff ift fein ©unter, bei
bem’s auf Stellungen anfommt. Die (Sröße? Dann iff
bem Heiter bas Pferb überlegen, bas man bäuchlings ffeht.
Steinerne (Seftalten, wie ber Hamburger BismarcF=HoIanb,
fönnen auch m bie Weite fprechen, ober einfachffe Symbole,
wie bie Utünchener Baoaria, ober bron3ene £eiber, bie
Ulenfchen« ober ©ierfchönheit an foldjen Stellen genießen
laßen, wo ffe Iosgelöft 00m Straßengewirr 3U betrachten
ffnb, aber Bilbntsgeftalten moberner Ulenfchen, bie oor
allem mit bem Kopfe unb im Kopfe mit ben Ungen leben?
3cf? habe auf unfre (fragen hin neulich bie färntlidjen
Denfmals • Bron3eftanbbilber einer unfrer erffen beutfd?en
Kunffftäbte burcffgefehn. Hid?t ein einiges unter ihnen,
bas nidjt burd? IDegnehmen ber (figur an Schönheit unb
Uusbrucf gewänne 1 Uüe biefe Poffamente wirfen monu*
mentaler, wirfen im <Soetb?ifcf?en Sinne bebeutenber, wenn
ffe nidjts tragen. Unb nod? eine befonbere Ueberrafd?ung
gab es: eine (fülle oon Schönheit ffanb plötjlid? oor mir,
bie id? bisher gar nid?t beachtet hatte. Dom £tebenswür*
bigen unb Unmutigen bis 30m EDuchtigen großer ITtonu«
mentalität haben bie Socfel unfrer Denfmäler EDerte, bie
wir fo gut wie gar nicht Fennen, weil wir immer auf ben
Bron3emann blicfen, ben wir bod? and? wieber nidjt redjt
fetjn. ©ft fanb idj fo oiel (fleiß, fo oiel (Sefdjmacf, fo oiel
£iebe auf biefe Socfel oerwenbet, baß mir fdjien, bem Künff«
ler müffe wetj geworben fein, als er ffe burdj feine eigenen
Parabereiter, poffenfteljer unb Spa3ierff^er oerborben faff.
EDie oiel Schöneres ijätt er erreichen fönnen, hätte er, oom
§wange bes Uuftrags ober ber Suggeffion bes Kunffge«
fdjmacfs befreit, bie ffolse EDucht bes poffamentes felber
als Denfmal ausbilben unb ausffatten bürfenl
Uber ber ©olleoni, ber (Sattamelata, ber (Sroße Kur«
fürffl ruft man. EDeber ber (Eolleoni, noch ber <Satta«
melata., noch ber (Sroße Kurfürff wirfen auf uns wegen ber
Porträtähnlichfett, gerabe bie aber hat unfre §jeit bisher
töridjterweife oom Denfmal oerlangt. Sie allerbings ffnb
im Bron3e« unb Steinteil ,aus einem (Suffe“, ffnb in Bilb«
nisgeftalt unb poffament je eines. Wenn aber meine Be*
obadjtung oon ber befferen EDirfung bes leeren Socfels
3utrifft, fo befagt ffe nidjt nur, baß in all biefen (fällen
feine (Einheitlidjfeit gelang, fonbern ffe madjt Ijöcfjft wahr«
fdjeinlich, baß bie eigentliche fünfflerifdje Phantaffe ber
Bilbhauer 3ur (Einheitlidjfeit h^r gar nidjt 3a ^wtngen
war, baß ffe 3wei Uufgaben oerarbeitete: nidjt ein Bilb*
nis«Denfmal aus <Er3 unb Stein, fonbern erffens eine Por*
trätffgur, bie man burdj Etlantel unb Draperie fürs (freie
einigermaßen .fdjließen“ follte, unb 3weitens einen Socfel,
ber ffe unb ben ffe möglidjff wenig ffören follte.
Stimmt bas, fo brauchen wir beshalb bodj audj bei
öffentlichen DenfmaIs«Uufgaben unfre Bilbhauer, befferge*
fagt: unfre Bilbformer nidjt barben 3a laffen. 3^ halte,
wie unfre £efer wiffen, Denfmäler gan3 anbrer Urt für
oiel wichtiger, als bie aus <£r3 unb Stein allefamt. EDo
aber foldje in Hebe ftehn, ba fann uns audj ber (Sr3gießer
bjerrlidjes geben. Elm Bronsegeffalten, bie niebrig, gefdjütjt,
oor paffenben bjintergrünben im rechten £idjte ftehn, oer*
hält es ffdj ohnehin anbers. Der piaftifer fann ja ben
mädjtigen Blocf ffatt 3um (fußboben 30m Ejintergrunbe ber
(Seffalt nehmen. lEnb wie fann er wirfen mit .Socfelge*
ffalten' unb oor allem burdj Heliefs, wo ffdj bie Darffel*
ungen intim mit bem Steine oerbinben, für ben rechten*
Blicfpunft ins redjte £idjt fefcen unb oon ber Straße wirb
fam abfonbern laffen. EDo bie Bronseffgnr feinen ffinter«
grunb hat, wo ffe feine ETahbetradjtung offne (frofdjper«
 
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