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Herausgegebrn im Auftrage des Vereins-Ausschusses.


1865.

Frankfurt a. M., den 20. April.

Abonnements-Einladung.
Indem wir auf das seit Anfang April bei der unterzeichneten Expedition erscheinende „Wochenblatt des
Nationalvereins" freundlichst einladen, bemerken wir, daß alle Postämter uno Buchhandlungen Deutschlands
Bestellungen auf dasselbe annehmen. Ebenso kann direkt bei der Expedition abonnirt werden.
Der Abonnementspreis beträgt mit Einrechnung der in der Freien Stadt Frankfurt bestehenden Stempel-
Steuer bei direktem Bezug von der Expedition (ohne das Porto) 45 kr. oder 13 Sgr., bei Bezug durch die
Post oder den Buchhandel 54 kr. oder 15'^ Sgr. für das Quartal. Inserate werden mit zwei Silbergroschen
für die doppelspaltige Petitzeile berechnet.
Frankfurt a. M., den 1. April 1865.
Die Expedition des Wochenblatts des Uationalvereins.
(C. Adelmann, Gr. Eschenheimerstraße 43.)

Inhalt:
Wochenbericht. — Noch eine Austrittserklärung. — Die Salzsteuer II.
— Die Inquisition nnd ihre heutigen Advokaten und Lobredner. — Fran-
zösisches Wohlwollen für Deutschland. — Deutsche Adelskammern. — Blü-
cher und die Armeereorganisation.—Mittheilungen aus dem Nationalverein.

Wochenbericht.
Frankfurt, den 18. April 1865.
* Schleswig-Holstein ist der Heerd auf welchem die deutsche
Frage glimmt und allem Anschein nach bald in Hellen Flam-
men aufschlagcn wird. Herr v. Bismarck ist dabei, mit Ver-
laub zu sagen, der Blasebalg in der Hand des Sckicksals. Die
Macht der Verhältnisse, welche ihn getrieben hat, sich nach
heftigem Sträuben kopfüber in den dänischen Krieg zn stürzen,
die nämliche Macht gebraucht ihn als widerwilliges Werkzeug
zur Vorbereitung der deutschen Verfasfungsreform.
Der preußische Staat wird durch die Bismarck'sche Politik
in die Lage gebracht, entweder den Fluch der Lächerlichkeit auf
sich zu nehmen, oder seinerseits den schadenfrohen Widersachern
das Lachen gründlich zu vertreiben. Man ist in der Richtung
der Annexion so weit gegangen, daß man nicht unverrichteter
Sache umkehren kann, ohne zum Dresdener und Münchener
Kinderspott zu werden, und gleichwohl schwindet nachgerade auch
die letzte Möglichkeit auf den bisherigen Wegen zum Ziele zu
gelangen. Während man die Welt durch Ankündigung starker
Entschlüsse und großer Pläne bezüglich der Herzogthümcr in
Erstaunen setzt, findet man sich unversehens festgenagelt aus
dem bescheidenen Standpunkte des „Mitbesitzers", in die Un-
möglichkeit versetzt, im Sinne der gesprochenen Worte auch
nur euren Finger zu rühren. Was immer man von Berlin
aus in Schleswig-Holstein beabsichtigt, vorschlägt und versucht,
wird in Wien verneint nnd znrückgewiesen und dabei hat die
Sache ihr Bewenden.

Eine solche Stellung ist unerträglich. Man kann, wenn
man das Naturell dazu hat, wie weiland Herr v. Manteuffel,
jedes beliebige Maß von Schimpf und Schande mit Gemüths-
ruhe hinunterwürgen, aber keine Politik der Welt ist im Stande
die Nolle eines ohnmächtigen Eisenfressers ausznhalten. Preußen
hat nur die Wahl, entweder seine Ohnmacht zu bekennen, oder
seine Eisenfresserei durchzuführen; entweder dem Bundestage
nnd Oesterreich Abbitte zu leisten, oder sich über deren Wider-
stand durch die That hinwegzusetzen.
Der einzige Ausweg aus dieser Alternative ist in der
Möglichkeit gegeben, daß Oesterreich Scheu trüge, den Gegner
aufs Aeußersie zu treiben und demnach Zugeständnisse machte,
mit denen sich Preußen begnügen kann, was denn freilich nicht
ohne das bitterste Zerwürsniß mit den Mittelstaaten denkbar
und schon ans diesem Grunde höchst unwahrscheinlich ist. In
jedem andern Falle muß man sich aus einen schweren Zu-
sammenstoß der Politik der beiden Großmächte gefaßt machen,
ans welchen sich ohne Zweifel jede derselben durch eifrige Be-
werbung um den guten Willen der Nation vorbcrciten wird.
Aus preußischer Seite scheinen einleitende Maßregeln zu diesem
Zwecke schon jetzt im Zuge zu sein. Personalveränderungen
im königlichen Militärcabinette deuten aus Beseitigung der-
jenigen Einflüsse hin, welche sich der Ausgleichung des Preu-
ßischen Verfassungskampfes von Anbeginn am heftigsten wider-
setzten, und mancherlei andere Zeichen sprechen dafür, daß die
Regierung demnächst eine, ernstlichere Bereitwilligkeit als bis-
her zur endlichen Wiederherstellung des innern Friedens zu
erkennen, geben wird. In der That muß doch auch dem finster-
sten Kopse mit der Zeit die Erkenntnis; dämmern, daß Preußen,
so lange das jetzige innere Zerwürsniß währt, keinen aus-
wärtigen Kamps, und wäre er auch bloß diplomatischer Art,
mit einem Halbwegs ebenbürtigen Gegner bestehen kann, ge-
schweige denn, daß es einem Conflikte gewachsen wäre, in
welchem cs alle Welt wider sich haben würde. Wie weit nun
 
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