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Wochen-Blatt
des



G

Herausgegrbrn im Auftrage des Vereins-Ausschusses.

M 15. Frankfurt a. M., den 13. Juli. 1865.

Inhalt:
Wochenbericht. — Aus Preußen. — Aus Mecklenburg. II. — Aus
Bayern. — Aus dem österreichischen Theil Deutschlands. — Aus Frank-
reich. — Die Lage der Dinge in Nordamerika. — Das Hermanns-Denkmal
im Teutoburger Walde. — Eine Bekehrung. — Mittheilungen aus dem
Nationalverein. — Anzeigen.

Wochenbericht.
Frankfurt, 11. Juli.
* Die Politik steht im Begriffe, ihre Sommerfellen an-
zutretcn und befaßt sich nur noch mit den laufenden kleinen
Geschäften. Dazu gehört denn vor allen Dingen die Schürung
des Haders in und um Schleswig-Holstein, der zwar für
die nächsten Monate nicht zum gewaltsamen Ausbruch kommen
wird, inzwischen aber wenigstens in gelindem Fener erhalten
werden muß. Herr v. Bismarck nimmt neuerdings die Miene
an, als ob es ihm mit der sogenannten oldeudurgifchen Can-
didatur völlig Ernst sei, was man ihm jedenfalls nur unter
der Voraussetzung glauben kann, daß persönliche Leidenschaft
ihn taub und blind macht gegen alle politischen Vernuuftgründe.
Den Herzogthümern einen Fürsten aufzudringen, gegen den sie
ihr dem Herzog Friedrich gegebenes Wort eingesetzt haben,
und diesem Fürsten obendrein Bedingungen vorznschreiben,
welche der Herzog Friedrich im Einverständnisse mit der öffent-
lichen Meinung des Landes nicht nut Ehren eingchen zu
können glaubt — das ist ein Unternehmen, auf welches sich
ein Mann von gesunden Sinnen, in Betracht aller Umstände,
unmöglich entlassen kann. Selbst ganz abgesehen davon, daß
dasselbe schon ans äußern Gründen unausführbar ist; deuu
Oesterreich wird das oldenburgische Schleswig-Holstein eben
so wenig, wie das augusteuburgische, oder vielleicht noch weniger,
zu einem preußischen Vasallenstaate werden lassen. Es ist dem-
nach anznnchmen, daß die neue Schwenkung des Herrn von
Bismarck nach der oldenburgischen Seite hin nichts ist, als
ein weiteres Scheinmanövcr, vermöge dessen der Gegner ver-
leitet werden soll, sich eine Blöße zu geben. Daß unterdessen
die preußische Stellung in den Herzogthümern von Tag zu
Tage schlechter wird, sicht Jedermann, mit Ausnahme/ wie
cs scheint, der Machthaber in Berlin. Möglich indessen ist es
auch, daß diesen Herren die Gunst und Ungunst der Menschen
und der Verhältnisse in den Herzogthümern eben so gleichgültig
ist wie in Preußen selbst, indem sie, wie cs heißt,' mehr als
je entschlossen sind, ihre Absichten aus Schleswig-Holstein
durchzusetzen, mit Güte wenn es sein kann, wo nicht aber mit
Gewalt. In der That ist cs augenscheinlich dahin gekommen,
daß Herr von Bismarck mit seiner schleswig-holsteinischen
Politik steht oder fällt, und wenn denn einmal der Fall un-
vermeidlich ist, so wird Pflicht und Gewissen ihn am aller-
wenigsten verhindern, den Staat selbst mit sich in den Abgrnnd
zu reißen.
Gibt es zu diesem Behnfe vor der Hand nichts im

Großen zu thun, so wird um so eifriger im Kleinen daran
gearbeitet, die preußische Sache in den Herzogthümern zum
Gegenstände des bittersten Volkshasses und der allgemeinen
Verachtung zu machen. In diesem Sinne scheinen die Werk-
zeuge der preußischen Regierung, die großen wie die kleinen,
wahrhaft zu wetteifern. — Herr von Zedlitz kündigt an, in Er-
innerung ohne Zweifel an seine frühere Eigenschaft eines Po-
lizeipräsidenten, daß er hinfort allen Sitzungen der schleswig-
holsteinischen Landesregierung beiwohnen, das heißt, die Be-
rathungcn derselben persönlich überwachen werde, ein Anspruch,
welcher von Herrn von Halbhuber offen gemißbilligt und von
den Mitgliedern der Landesregierung mit der Erklärung be-
antwortet wird, daß die Durchführung desselben ihre Abdan-
kung zur Folge haben würde. — Der Präsident der Landesregie-
rung meldet sich zur Aufnahme in einen geselligen Clubb und wird
von den preußischen Offizieren, die man ohne Abstimmung und
Eintrittsgeld ausgenommen, vermöge des schnödesten Mißbrauchs
des Gastrechtes hinausballotirt. — Die Feier des Geburtstages
des Herzogs Friedrich, da mau sie leider nicht verhindern kann,
wird allenthalben wenigstens nach besten Kräften polizeilich
eingeengt und beschnitten, als ob man geflissentlich darauf aus-
ginge, die Bevölkerung an Hunderten von Orten zugleich durch
die Störung des harmlosesten Ausdrucks ihrer Wünsche und
Empfindungen zu verletzen und zu reizen. Kurz, die Taktlosig-
keiten, die Anmaßungen und leider sogar die Roheiten (vergl.
die Zeitungsberichte über die Brutalität, mit welcher das
Vogelschießen der Schulknabcn in Neumünster durch eine preu-
ßische Patrouille gestört wurde), vermöge deren man den Schles-
wig-Holsteinern das Verständnis; für die Wohlthatcn vcs
preußischen Regiments öffnen zu wollen scheint, häufen sich der
Art, daß die volle Wirkung davon nicht ausbleiben kann.
Nachdem Herr v. Beust der Welt in den letzten beiden
Jahren schon mehrere Male Anlaß gegeben, an seinem staats-
männischen Ruse und Berufe irre zu werden, tritt er heute
mit einer Denkschrift über den deutsch-italienischen Handels-
vertrag hervor, durch deren Inhalt er stärker gegen sich selber
zeugt, als je zuvor. Jeder der Hauptsätze dieser Schrift ist
ciue falsche Behauptung oder ein Fehlschuß. Der größte und
unverzeihlichste Fehler bleibt dabei, daß Herr v. Beust sich in
dieser Sache überhaupt auf die Seite der mittelstaatlichen
Opposition schlägt, mit der er doch, bei der viel wichtigem
Gelegenheit des deutsch-französischen Handelsvertrags, von An-
beginn weislich nichts gemein haben wollte, daß er in diesem
diplomatischen Prozesse, der schon im Augenblicke seines Be-
ginnes entschieden ist, Partei nimmt für den unfehlbar unter-
liegenden Theil. Ist doch kaum eine Aussicht vorhanden, daß
das römische Dichterwort über Cato jemals ans Herrn von
Beust Anwendung finden werde!
Vorsichtiger als der sächsische Minister, hat der würtem-
bergische seine An- und Absichten gegen den italienischen
Handelsvertrag bis aus Weiteres in tiefes Schweigen gehüllt.
Freilich war Herr v. Varnbüler nicht gerade glücklich in den
 
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