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Deutscher Nationalverein [Hrsg.]
Wochen-Blatt des National-Vereins — 1865 (Nr. 1-39)

DOI Kapitel:
No. 36 - No. 39 (7. December 1865 - 28. December 1865)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44609#0303
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Abonnemeutöpre'ls: Bei
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Pedinon 45 kr. oder 13 Sgr.,
bei Bezug durch die Post oder
den Buchhandel 54 kr. oder
45^/r Sgr. für das Quartal.
Inserate zwei Sgr. für die
doppelspaltige Petitzeile.

Wscken-Blatt
des


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Herausgegebri! im Äustrngc des Nermis-Äusschujsrs

Frankfurt a. M., den 21. December.

1865.

Abonnements-Einladung.
Indem wir zum Abonnement auf das seit Anfang April bei der unterzeichneten Expedition erscheinende
„Wochenblatt des Nationalvereins" freundlichst einladen, bemerken wir, daß alle Postämter und Buchhandlungen
Deutschlands Bestellungen auf dasselbe annehmen. Ebenso kann direkt bei der Expedition abonnirt werden.
Der Abonnementspreis beträgt, mit Einrechnung der in der Freien Stadt Frankfurt bestehenden Stempel-
Steuer, bei direktem Bezug von der Expedition (ohne das Porto) 45 kr. oder 13 Sgr., bei Bezug durch die
Post oder den Buchhandel 54 kr. oder 15^ Sgr. für das Quartal. Inserate werden mit zwei Silbergroschen
für die doppelspaltige Petitzeile berechnet.
Frankfurt a. M., im December 1865.
Die Expedition des Wochenblatts des Uationatvereins.
(C. Adelmanu, Gr. Eschenheimerstraße 43.)

Inhalt:
Wochenbericht. — Aus Preußen. — Das Programm des National-
vereins. II. — Die nächste Session der preußischen Kammer. — Es
leben die ehrlichen Leute! — Aussicht ans ein zweites Olmütz. — Maaß-
uud Gewichts-Einheit. — Mamz. — Mittheilungen aus dem National-
verein. — Anzeigen.

Wochenbericht.
Frankfurt, 19. December.
* Das allgemeine Stocken der inneren deutschen Politik
ist ein deutliches Zeichen der hoffnungslosen Verschrobenheit
unserer öffentlichen Verhältnisse. Die Staatsarbcit ruht wahr-
haftig nicht, weil es ihr an Aufgaben fehlt, sondern weil sie
nirgends Spielraum hat zu einer wirksamen Thätlgkeit, weil
sie bei jeder Bewegung aus irgeud ein Hinderniß stößt, an
welchem ihre Kraft von vorn herein erlahmt — hier auf das
Uebcrgewicht eines persönlichen Eigensinns, dort ans den Wi-
derstand verrosteter Einrichtungen, weiterhin aus den starren
Gegensatz der beiden einstweilen mächtigsten Faktoren der
deutschen Politik, nämlich Oestcreichs und Preußens. Nicht
einmal bis zu einer Verständigung gegenüber der Freien Stadt
Frankfurt vermag es der doch in diesem Falle gemeinschaft-
liche Haß des freien Wortes und einer selbstständigen Volks-
politik zu bringen, obgleich dabei zugleich ein gutes Stück
des großmächtlichcn Prästigiums auf dem Spiele steht. Eine
gelegentliche günstige Wirkung des österreichisch-preußischen
Dualismus, wie sie iu der Frankfurter, und noch vortheil-
Hafter in der schleswig-holsteinischen Sache, hervortritt, ändert
natürlich nichts an dem grundverderblichen Wesen jenes Gegen
satzes, und dessen Beseitigung bleibt unter allen Umständen
die erste Voraussetzung einer gesunden Entwicklung der deut-

schen Dinge. Bis jetzt ist die Kraft zur Erfüllung dieser Vor-
bedingung nicht vorhanden, und ohne den Druck einer unbarm-
herzigen Noth wird sie sich schwerlich sammeln. Die Noth
aber, Dank vor allen andern Hrn. v. Bismarck, wird sich
bald genug einstellen. Denn Preußen ist durch die Annexions-
politik des Hrn. v. Bismarck in eine unerträgliche Lage ge-
bracht, ans der cs sich aus irgend eine Weise herausreißeu
muß, um nicht zum Kinderspott und zum Gegenstand der
eignen Verachtung zu werden. Der Ausweg aber geht nur
durch eine Katastrophe hindurch.
In der Mehrzahl der deutschen Provinzen Oesterreichs
haben die Landtage, und zum Theil in ziemlich starken Wor-
ten, gegen die „Sistirung" der Reichsverfassung Verwahrung
eingelegt, ohne daß man jedoch irgendwo die Rechtsbeständig-
keit der inzwischen aus gut absolutistisch vorgenommenen Re-
gierungshandlungcn, zum Beispiel der eigenmächtig abgeschlosse-
nen Pariser Anleihe, in Frage zu ziehen gewagt hätte. In
Böhmen und in Krain indessen ist dem Staatsstreich die be«
geisterte Zustimmung einer slavischen Landtagsmehrheit zu
Theil geworden, welche übrigens in dem ersten dieser beiden
Länder nur durch den schamlosen Abfall der Mehrzahl der
Vertreter des deutschen Adels von der Sache der Nation zn
Stande gekommen — ein neuer Beweis zu tausend andern
von der tiefen politischen Verkommenheit jener Menschenklasse,
welche sich für eine deutsche Aristokratie hält.
Die österreichische Negierung ihrerseits hat keine Zeit,
sich mit den Protesten der deutschen Landtage anderweitig, als
durch Seitenblicke der Unzufriedenheit und des Unwillens zu
beschäftigen, da alle ihre Kräfte in Anspruch genommen sind,
den Triumphwagen des Magyarenthums in Pesth eigenhän-
dig ziehen zu helfen. Wie im Jahre 1849 Ungarn, nach den
Worten des Fürsten Paskicwitsch, zu den Füßen des Kaisers
Nikolaus, so liegt Oesterreich heute zu den Füßen Ungarns.
 
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