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Zeitschrift für christliche Kunst — 16.1903

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Braun, Joseph: Das Rationale
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https://doi.org/10.11588/diglit.4075#0074

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111

1903.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

112

zu Bamberg nirgends das Rationale auftritt.
Die Bischöfe tragen vielmehr regelmäfsig das
Pallium. Bekanntlich erhielt Hartwig von Bam-
berg 1053 auf Fürbitte Heinrichs III. von Papst
Leo IX. das Recht, das Pallium zu tragen, doch
nur für seine Person, da seiner Nachfolger in
der fraglichen Bulle keinerlei Erwähnung ge-
schieht.82) Ebenso erhielt Bischof Egilbert
1139 von Innocenz IL, der ihn konsekriert
hatte, für seine Person das Pallium.33) Viel-
leicht, dafs später dasselbe für alle Inhaber des
Bamberger Stuhles, der als Gründung Hein-
richs d. H. besonderen Ansehens sich erfreute,
gegeben wurde; denn es ist nicht anzunehmen,
dafs das Pallium aller Grabmonumente nur auf

wandung gehört, ist unsicher. Man hat dafür
wohl eine Stelle des Chronicon Mindense (XV.
Jahrh.) angeführt.34) Allein es ist in derselben
erstens nicht das Rationale, sondern das Pal-
lium gemeint, was klar aus dem Prologus
hervorgeht, und dann ist die ganze Erzählung
von der Einweihung des Mindener Domes
durch Leo III. und der daran sich anknüpfen-
den Privilegienverleihungen nur Fabel. Wenn
etwas dafür spricht, dafs die Mindener Bischöfe
in späterer Zeit die Befugnis besafsen, das Ra-
tionale zu tragen, so sind das die Siegel der
Bischöfe Wilhelm I. von Diepholz (1236—1242),
Widekind I. von Hoya (1253-1261) und Volk-
win von Schwalenberg (1275—1293), auf denen,

Abb. 6. Rationale im Dom zu Bamberg.

Rechnung der Künstler zu setzen sei. Jeden-
falls beweist aber die wiederholte Reparatur-
bedürftigkeit des Rationales in den Jahren 1476
bis 1626, dafs selbiges damals zu Bamberg noch
nicht ganz aufser Gebrauch gewesen sein kann.
Ob auch in Minden das Rationale im
Mittelalter zu den Bestandteilen der Pontifikalge-

Der Kopist hat zu dem Ende die Rückseite verlängert
und aufserdem das Medaillon mit dem Lamm Gottes
unterhalb des Heilandes verkleinert. Natürlich mufste
er dabei auch der Vorderseite eine entsprechend
gröfsere Länge geben,

31) Pfister »Der Dom zu Bamberg« S. 74. Zu
Bamberg hat mich der Hochw. Herr Domkapitular
Dr. Senger durch die Unterstützung, welche er mir
zum Zwecke einer Untersuchung der Paramente des
Domes in bereitwilligster Weise lieh, zu besonderem
Danke verpflichtet.

8«) Migne P. 1. CXLIII, 700.

M) Ibid. CLXXIX, 483.

wie es scheint, die Bischöfe mit dem Rationale
geschmückt sind.36)

M) Meibom, »Rerum germanic.« 1.1, p. 552: Et
hoc templum consecratur — a Leone et ditatur —
multis privilegiis — nam hie praesul honoratur —
Mindensis qui vocitatur — dignitate pallii — quod
bene rationale — vocamus et hoc non male — nam
trini episcopi — tantum isto decorantur — per quem
recte venerantur — locus, gens et clerici. Im Prologus
wird dieselbe Begebenheit erzählt, nur dafs hier das
von Leo IX. angeblich verliehene Ornatstück blofs
pallium genannt wird. „Hunc pastorem cum ornavit
— usu sacri pallii."

*•) Auch auf den Osnabrücker Siegeln Gerhards
von Oldenburg (1192—1216) und Engelberts I, von
Isenburg (1225 — 1226), sowie den Münsterischen
Ottos I. von Oldenburg (1204—1213) und Ludolfs
von Holte (1226—1247) scheint das Rationale im
Sinne eines palliumartigen Schulterschmuckes vorzu-
kommen. Ob man indessen aus einem derartigen
vereinzelten Auftreten desselben den Schlufs auf eine
 
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