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Zeitschrift für christliche Kunst — 16.1903

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Buchner, Otto: Die metallenen Grabplatten des Erfurter Domes
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https://doi.org/10.11588/diglit.4075#0109

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169

1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

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setten dem Werk den Charakter des Hand-
werklichen.

Um so auffallender ist die virtuose Behandlung
des Inschriftrandes (Abb.3) mit den Symbo-
len der Auferstehung: Pelikan, Phönix, Löwe und
dem umrankten Wappen, aus dem die Fufsplatte
Gerbstädts hervorwächst. Die Figur selbst ist
sehr heller, aber beschmutzter und von un-
gleicher Patina überzogener Messing, der Rand
und der dazugehörige dreigeteilte Baldachin
zeigt schönste dunkle Patina. So scheinen an
dem Werk zwei Hände tätig gewesen zu sein,
wie überhaupt, selbst wenn der Baldachin wieder
zugefügt werden sollte, immerhin ein Mifsver-
hältnis zwischen der Figur und dem breiten
Rahmen bleiben wird. Auch der noch wenig
an die spätgotische Brüchigkeit und Eckigkeit
anklingende Faltenwurf könnte in Versuchung
führen, die Entstehung der Figur selbst gleich
nach 1450 anzusetzen, aber dem widerspricht
die Tatsache, dafs das Monument des Gerbstädt
dem des 1475 gestorbenen Hunold von
Plettenberg (siehe unten) nachgebildet zu
sein scheint. Genug, dafs zwischen der Gufs-
technik der Figur selbst und der des Randes
eine unvereinbare Kluft vorhanden ist, deren
Erklärung möglich scheint, wenn man in der
Figur selbst das Werk eines Erfurter Rot-
giefsers — der Glockengufs blühte in Erfurt ja
schon im XV. Jahrh. — annimmt, des Rahmens
und Baldachins Herkunft aber in einer Nürn-
berger Giefserhütte und zwar der Hermann
Vischers des Älteren sucht. Letzleres wird
wenigstens nahe gelegt durch das Kompositions-
schema des noch zu besprechenden Denkmals
des Hunold von Plettenberg, als dessen
Weiterbildung die gravierte Grabplatte des 1500
gestorbenen Herzogs Albrecht des Be-
herzten von Sachsen im Dom zu Meifsen
betrachtet werden kann. Dadurch sind Daten:
1475 und 1500 gegeben, zwischen die man die
Entstehung des Gerbstädt-Denkmals zwanglos
einreihen kann. Denn vor 1472 wird das Denk-
mal sicherlich nicht fertig gewesen sein, sonst
wäre es durch den Brand der Clementerie ge-
schädigt worden. Dem aber widerspricht der
heutige Denkmalsbefund.

Das obenerwähnte Denkmal des Hunold
von Plettenberg steht nun im Südflügel des
Kreuzgangs, es ist eine in eine Steintafel ein-
gelassene, gravierte Ganzfigur mit Inschriftrand,
in dessen Ecken die Evangelistensymbole in

Medaillonform eingefügt sind. Der Stein mifst
2,62 X 1,56 m. Das Todesdatum ist 1475.
Aus dem Unterrand der Inschrift erwächst, in
der Art des Gerbstädt-Denkmals, umrankt von
scharfgegliedertem spätgotischem Gerank die
Fufsplatte, auf der Plettenberg in Überlebens-
gröfse steht. (Abb. 4.)

Während in den vorangegangenen Monu-
menten die Figuren durch den architektoni-
schen Rahmen mit in den Hintergrund selbst
hineinbezogen waren, ist hier die Figur von
diesem befreit, wodurch sie räumlich zu gröfserer
Geltung kommen konnte und selbständiger
wurde. Dagegen mufste der Kontur möglichst
geradlinig gehalten werden, um technische
Hindernisse bei der Einlage und Befestigung
in der Steinplatte zu vermeiden. Das erklärt
die aufserordentliche Ruhe des Konturs, in dem
sich übrigens schon das Streben nach monu-
mentaler, geschlossener Wirkung, wie sie sich
in den letzten Jahrzehnten des XV. Jahrh.
äufsert, verrät.

Mit gesenkten Augen wendet Plettenberg
den Kopf nach links; die herabhängende Rechte
hält ein Spruchband mit den Worten: sit no-
men dotnini benedictum, eine Ausnahme für die
Zeit. Die Linke hält ein Buch und gleich-
zeitig den Saum des schweren, grofsgemusterten
Pluviale, das auf der Brust eine runde Schliefse
zusammenhält. Dazwischen tritt die ebenfalls
mit einem Damastmuster gezierte Dalmatica
hervor. Die glatte Alba verdeckt auf der Fufs-
platte in scharfen Brüchen auffallend die Füfse.

Das Gesicht zeigt ruhige, ganz unpersön-
liche, aber hoheitsvolle Züge, aus denen nur
stille, andächtige Versenkung spricht. Es ist
gleich den überzarten Händen nur in wenigen
Strichen und ohne jede Schraffierung angelegt.
Dadurch wirkt der Kopf, ist die Figur doch
überlebensgrofs, etwas flau und leer. Im Gegen-
satz hierzu zeigt sich eine höchst eingehende
Behandlung des Stofflichen. In grofsen, eckigen
Zickzacklinien fällt das prächtige, mit Edelstein-
borte und Franzen besetzte Pluviale hernieder.
Das Granatapfelmuster ist peinlich genau auf
ihm eingraviert, wodurch trotz der grofs ange-
legten Faltengebung, die energielose und müde
Haltung Plettenbergs erst recht gesteigert wird.
Ebenso eingehend ist das Beiwerk wie der In-
schriftrand und die Evangelistensymbole be-
handelt; letztere sind in Vierpässe mit Zwickeln
einkomponiert. Im Gegensatz zum Denkmal
 
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